Wikileaks-Gründer vor Gericht in London Urteil im Berufungsverfahren um Assange-Auslieferung an USA erwartet

London · Seit Monaten geht es um die gleiche Frage: Liefert Großbritannien den Wikileaks-Gründer Julian Assange in die USA aus, wie diese fordern? Am Freitag soll in London eine wegweisende Entscheidung fallen.

 Das Urteil im Berufungsverfahren um die Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange an die USA fällt am Freitag.

Das Urteil im Berufungsverfahren um die Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange an die USA fällt am Freitag.

Foto: dpa/Dominic Lipinski

Im Rechtsstreit um die von den USA geforderte Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange will das Londoner Berufungsgericht am Freitag (10.15 Uhr Ortszeit) seine Entscheidung verkünden. Dabei geht es darum, ob die Ablehnung des US-Auslieferungsantrags noch einmal gekippt wird oder ob die Entscheidung aus erster Instanz Bestand hat und Assange darauf hoffen kann, bald auf freien Fuß zu kommen.

Ein britisches Gericht hatte Anfang des Jahres die Auslieferung des 50-Jährigen unter Berücksichtigung seines psychischen und gesundheitlichen Zustands und die zu erwartenden Haftbedingungen in den USA untersagt. Washington hatte diese Entscheidung jedoch angefochten.

Die US-Justiz will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Dem gebürtigen Australier drohen dort bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft. Vorgeworfen wird ihm, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Er habe damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht. Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte.

Bei Anhörungen im Oktober hatten beide Seiten erneut ihre Argumente vorgebracht. Die US-Anwälte warfen der britischen Justiz vor, sich bei ihrer Einschätzung auf fehlerhafte Gutachten verlassen zu haben. Außerdem sicherten die USA zu, im Falle einer Inhaftierung nicht wie befürchtet „Spezialmethoden“ anzuwenden sowie einer Verlegung von Assange in ein australisches Gefängnis zuzustimmen.

Assanges Verteidiger hingegen setzten auf neue Enthüllungen über angebliche Anschlagspläne, die vor einigen Monaten durch Medienberichte ans Licht gekommen waren. Investigative Journalisten hatten unter Berufung auf nicht näher präzisierte US-Quellen berichtet, der US-Auslandsgeheimdienst CIA habe Anschlagspläne auf Assange geschmiedet, während dieser sich in der ecuadorianischen Botschaft in London aufhielt. Seine Unterstützer hoffen, dass diese Enthüllungen eine Auslieferung in die USA unwahrscheinlicher machen.

Assanges Angehörige beschreiben seinen Gesundheitszustand seit Monaten als schlecht und besorgniserregend. Bei den letzten Anhörungen nahm der 50-Jährige teilweise per Videoschalte aus dem Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh teil, fühlte sich zeitweise aber auch nicht in der Lage, das Geschehen zu verfolgen.

Dem Berufungsgericht zufolge sollte bei der Entscheidung am Freitag keine der beteiligten Parteien zugegen sein. Die Verlobte von Julian Assange, Stella Moris, kündigte allerdings auf Twitter an: „Ich werde dort sein.“

„Wenn die USA erfolgreich sind, wird das alarmierende Konsequenzen für die Pressefreiheit haben. Bei diesem Fall geht es nicht nur um Assange, sondern um das Recht aller Journalisten, ihre Arbeit zu tun, und um das Recht der Öffentlichkeit, sich zu informieren“, sagte die Londoner Vertreterin von Reporter ohne Grenzen, Rebecca Vincent, die das Verfahren eng begleitete.

Ob der Rechtsstreit am Berufungsgericht seinen Endpunkt findet oder letztlich beim höchsten britischen Gericht – dem Supreme Court – landen könnte, war zunächst unklar.

(jma/dpa)
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