Regierung weist Rücktrittsgerüchte zurück Libyen versinkt im Chaos - Gaddafi spielt Schach

Tripolis/Algier (RPO). Das libysche Fernsehen hat am Sonntagabend Bilder von einer Schachpartie zwischen Muammar el Gaddafi und dem russischen Präsidenten des Weltschachverbands Fide, Kirsan Iljumschinow gezeigt. Die libysche Regierung wies Gerüchte um einen Rückzug Gaddafis entschieden zurück.

Gaddafi spielt Schach
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Zu sehen war auf den Fernsehbildern vom Schach spielenden Gaddafi auch dessen ältester Sohn Mohammed, der Libyens Nationales Olympisches Komitee leitet. Iljumschinow, der nach eigenen Angaben am 1. Oktober ein "großes internationales Schachturnier" in Libyens Hauptstadt Tripolis veranstalten will, hatte zuvor erklärt, Gaddafi habe ihm am Sonntag gesagt, dass er weder zurücktreten noch Libyen verlassen werde.

Gaddafis Schachkünste sind offenbar sehr beschränkt

Gewissensbisse wegen seines öffentlichen Auftritts an der Seite des umstrittenen Despoten Gaddafi zeigte Iljumschinow anschließend keineswegs. "Ich würde mit Freuden mit jedem spielen", sagte er am Montag dem Radiosender Moskauer Echo telefonisch aus Libyen. "Ich bin kein Politiker, ich bin als Sportler da hingegangen."

Den libyschen Machthaber, der wegen des gewaltsamen Vorgehens seiner Armee gegen Regierungskritiker international in der Kritik steht, beschrieb der Russe als "ruhig... normal und angemessen". Sie hätten zusammen "Schach gespielt und geredet".

Iljumschinow erzählte, dass er während seines Besuchs in Tripolis Explosionen gehört habe. Das Kampfgeschehen ließ ihn aber offenbar unbeeindruckt, ihm war es wichtiger, Gaddafi für die "Förderung des Schachs" in Libyen zu danken. Gaddafis Schachkünste schätzte der FIDE-Präsident allerdings als bescheiden ein. Der Machthaber sei "natürlich schwächer, viel schwächer als ich", er könne gerade mal ein Kind Schachmatt setzen.

Dennoch habe er "diplomatisch" entschieden, Gaddafi nicht zu besiegen, sondern ihm ein Remis anzubieten, sagte Iljumschinow. Gaddafis ältester Sohn Mohammed, der Libyens Nationales Olympisches Komitee leitet, habe sich während einer gemeinsamen Partie hingegen als "ernsthafter Spieler, der die Schach-Theorie kennt", erwiesen.

Iljumschinow, der früher die russische Republik Kalmückien als Gouverneur regierte, ist als Exzentriker bekannt. So beteuerte er wiederholt, Außerirdischen begegnet zu sein. Einmal hätten sie ihm sogar ihr Raumschiff gezeigt.

Spekulationen um einen Rückzug Gaddafis

Derweil hat die libysche Führung jedwede Verhandlungen über einen Rückzug von Machthaber zurückgewiesen. Niemand habe das Recht, den Rückzug Gaddafis zu fordern, erklärte Regierungssprecher Mussa Ibrahim am Sonntag vor Journalisten in der Hauptstadt Tripolis.

Eine solche Forderung sei "unmoralisch, illegal und sinnlos". Die Türkei hatte Gaddafi am Freitag eine "Garantie" für den Fall angeboten, dass er den Gang ins Exil wählen sollte.

Zudem wies das algerische Außenministerium unterdessen Berichte zurück, wonach Gaddafi sich nach Algerien absetzen wolle. Entsprechene Berichte ausländischer Fernseher gehörten ins "Reich der Fabeln" und würden "kategorisch zurückgewiesen", hieß es.

Regime dementiert Vormarsch der Aufständischen

Weiter bestritt der libysche Regierungsprecher, dass die Aufständischen in der umkämpften Stadt Sawijah, rund 50 Kilometer westlich von Tripolis, auf dem Vormarsch seien. Dort gebe es einige "Widerstandsnester", aber nicht mehr als hundert Rebellen.

Die Armee habe einige von ihnen getötet, andere gefangen genommen und verhandle mit den restlichen über deren Aufgabe. Zuvor hatte es von Seiten der Rebellen geheißen, die Kämpfe seien am Wochenende in Sawijah wieder aufgeflammt.

Bei den Kämpfen östlich der von den Rebellen gehaltenen Stadt Sintan kamen am Sonntag mindestens sieben Aufständische ums Leben, fast 50 weitere wurden verletzt. Das berichtete ein AFP-Reporter aus dem Krankenhaus von Sintan. Bei den Angriffen der Regierungstruppen kam schwere Artillerie zum Einsatz, insbesondere Raketen vom Typ Grad und Katjuscha. Die Nato erklärte in Brüssel, sie werde alle nötigen Maßnahmen treffen, um die Zivilisten in der Region westlich von Tripolis zu schützen.

Der Volksaufstand gegen den seit Jahrzehnten in Libyen herrschenden Machthaber Gaddafi dauert seit Mitte Februar an. Eine von der Nato geführte internationale Militärkoalition versucht mit gezielten Luftangriffen, die Bevölkerung des nordafrikanischen Landes vor Gaddafis Truppen schützen.

(AFP)
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