Zahlreiche Spitzenpolitiker zu Gast Die Welt schaut nach Berlin - bringt der Gipfel im Kanzleramt wirklich Frieden in Libyen?

Berlin · Die Welt guckt am Sonntag auf Berlin und die im Bundeskanzleramt stattfindende Libyen-Konferenz. Zahlreiche internationale Spitzenpolitiker sind zu Gast bei Angela Merkel.

Fotos. Die Teilnehmer der Libyen-Konferenz in Berlin
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Libyen-Konferenz in Berlin gestartet

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Foto: dpa/Kay Nietfeld

Bei der bislang größten Libyen-Konferenz haben internationale Akteure in Berlin nach einem Weg zum Frieden in dem nordafrikanischen Bürgerkriegsland gesucht. Auf dem Tisch des von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einberufenen Gipfels lagen am Sonntag Vorschläge für einen Waffenstillstand mit internationaler Überwachung, eine Verpflichtung zur Einhaltung des Waffenembargos sowie die Forderung nach einer Entwaffnung der Milizen.

„Wir haben einen Sicherheitsplan vorgelegt, der den Abzug aller ausländischen Kämpfer vorsieht, gleich welcher Nationalität“, sagte der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, der arabischen Zeitung „Al-Sharq al-Awsat“.

Kanzlerin Merkel und Außenminister Heiko Maas trafen schon vor dem offiziellen Beginn der Konferenz mit dem libyschen Premierminister Fajis al-Sarradsch und dessen Gegenspieler General Chalifa Haftar zusammen. Die Gespräche wurden nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur mit den beiden libyschen Vertretern getrennt geführt. An dem Gipfel nahmen sie zunächst nicht teil.

Al-Sarradsch zweifelte die Absichten seines Gegenspielers Haftar an. „Die lange Erfahrung lässt uns an den Absichten, der Ernsthaftigkeit und dem Engagement der anderen Seite zweifeln“, sagte Al-Sarradsch der Deutschen Presse-Agentur. „Jeder weiß, dass er um jeden Preis nach Macht strebt“, sagte der Chef der international anerkannten Regierung mit Sitz in Tripolis, ohne Haftar dabei namentlich zu nennen.

Merkel empfing zentrale Akteure des Libyen-Konflikts, darunter Staaten, die mit Waffenlieferungen oder Truppenentsendungen indirekt an dem Krieg beteiligt sind. Ziel der Konferenz mit Vertretern aus mehr als zehn Ländern ist es, die jüngst vereinbarte Feuerpause zu festigen und eine konsequente Durchsetzung des Waffenembargos für das Bürgerkriegsland zu vereinbaren.

Zu den Teilnehmern zählten unter anderem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Russlands Staatschef Wladimir Putin und US-Außenminister Mike Pompeo. Putin und Erdogan trafen sich vor der Konferenz zu einem bilateralen Gespräch. Dabei betonten beide die Bedeutung einer Waffenruhe in Libyen.

US-Außenminister Pompeo wiederum traf seinen türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu zu einem Vorgespräch. Pompeo forderte neben dem Waffenstillstandsabkommen auch einen wirksamen Überwachungsmechanismus für das Bürgerkriegsland. Darin habe er mit Cavusoglu übereingestimmt, schrieb Pompeo auf Twitter.

In Libyen brach nach Sturz und Tötung des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 ein Bürgerkrieg aus. Die Regierung von Ministerpräsident Al-Sarradsch ist international anerkannt, hält aber nur kleine Gebiete rund um die Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes. Gegen ihn kämpft der General Haftar mit seinen Verbündeten, die weite Teile des ölreichen Landes beherrschen.

Auch Großbritannien, Frankreich, China, die Vereinigten Arabischen Emirate, die Republik Kongo, Italien, Ägypten, Algerien sowie die Vereinten Nationen, die Europäische Union, die Afrikanische Union und die Arabische Liga sind bei dem Treffen vertreten. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot im Einsatz. Straßen rund um Kanzleramt und Reichstag sind abgesperrt, Hotels und Botschaften werden abgesichert.

Libyen ist ein wichtiges Transitland für Migranten auf dem Weg nach Europa. Als Folge des anhaltenden Bürgerkriegs sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) rund 1,3 Millionen Menschen im Land auf humanitäre Hilfe angewiesen. 217 000 Menschen sind Vertriebene im eigenen Land.

Der Machtkampf in Libyen war nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ausgebrochen. Im Zuge einer Parlamentswahl im Jahr 2014 teilte sich das Land in zwei Regierungen: eine in der Hauptstadt Tripolis und eine Gegenregierung in Tobruk im Osten. Hintergrund war, dass das von islamistischen Kräften und ehemaligen Rebellen beherrschte Bündnis Fadschr Libia („Libyens Morgenröte“) seine Wahlniederlage nicht anerkennen wollte und die Macht in Tripolis an sich riss. Das neu gewählte Parlament zog dagegen in den Osten und beanspruchte ebenfalls die Macht.

Die derzeitige Regierung von Ministerpräsident Al-Sarradsch nahm 2016 in Tripolis ihre Arbeit auf. Sie entstand als Folge einer Vereinbarung über die Machtteilung in Libyen unter UN-Vermittlung. Al-Sarradsch gelang es mit seiner begrenzten Macht im Land aber nicht, politische Differenzen der beiden Regierungen wie erhofft zu überwinden. Das Parlament im Osten erkannte die Sarradsch-Regierung nicht an und stützte dagegen die selbst ernannte Libysche Nationalarmee (LNA) des einflussreichen Generals Haftar.

(mja/dpa)
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