Russland Landesweites Verbot von "Schwulenpropaganda"

Moskau · Mehrere russische Großstädte wie St. Petersburg verbieten öffentliches Reden über Homosexualität bei Androhung einer Geldstrafe - nun steht ein landesweites Verbot sogenannter Schwulenpropaganda kurz bevor. Auch das politische Berlin ist entsetzt.

Polizei löst Schwulen-Demo gewaltsam auf
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Schwulen und Lesben in Russland droht nun auch landesweit ein umstrittenes Verbot, öffentlich über ihre Sexualität zu reden. Das russische Parlament will an diesem Freitag über ein gesetzliches Verbot von "Homosexuellen-Propaganda" entscheiden, wie am Donnerstag der Vizechef der Staatsduma, Iwan Melnikow, in Moskau mitteilte.

Das unter anderem von Menschenrechtlern und der deutschen Bundesregierung kritisierte Gesetz gilt bereits in einigen Teilen Russlands, darunter St. Petersburg. Demnach werden Verstöße mit Geldbußen bestraft. "Das dürfen die europäischen Staaten nicht hinnehmen", forderte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck am Donnerstag und kritisierte Kremlchef Wladimir Putin scharf.

"Letztlich trägt auch Präsident Putin Verantwortung, dem antihomosexuelle Hetze als Ablenkung von seinem korrupten Regime hoch willkommen ist", heißt es in einer Pressemitteilung des offen homosexuell lebenden Politikers. Die Boulevardzeitung "MK" kritisierte, dass sich der Staat damit in die intimsten Angelegenheiten der Russen einmische. Das Gesetz führe Russland zurück ins Mittelalter.

Das Parlament hatte eine Debatte über das Verbot von "Homosexuellen-Propaganda" mehrfach verschoben. Bürgerrechtler kritisierten das Gesetz als Verstoß gegen die europäische Menschenrechtskonvention. Vor der Duma in Moskau war es Anfang dieser Woche zu gewaltsamen Übergriffen russisch-orthodoxer Christen auf Schwule und Lesben gekommen, die sich aus Protest gegen das Verbot öffentlich küssten.

Die Initiatoren des Gesetzes begründen das Gesetz mit einem besseren Kinderschutz. Experten befürchten aber angesichts der verbreiteten Tabuisierung von Homosexualität in Russland, dass auch die Aufklärung über HIV und Aids eingeschränkt werden könnte.

In der russischen Führung ist das Vorhaben umstritten. Während Regierungschef Dmitri Medwedew das Gesetz ablehnt, verteidigt etwa Außenminister Sergej Lawrow die Initiative. Homosexualität selbst ist nicht strafbar in Russland.

(dpa)
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