Nach bizarrer Pressekonferenz Lallender Finanzminister tritt zurück

Düsseldorf (RPO). Japans Finanzminister, Shoichi Nakagawa, hat bei einer Pressekonferenz auf dem G7-Gipfel in Rom einen desolaten Eindruck hinterlassen: Der Vertreter der asiatischen Wirtschaftsmacht wirkte hoffnungslos betrunken. Nakagawa selbst macht Medikamente für seinen Zustand verantwortlich. Nun hat der Minister seinen Rücktritt angekündigt.

Benebelter Finanzminister vor der Presse
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Er werde in den kommenden Wochen sein Amt niederlegen, erklärte der 55-Jährige am Dienstag. Die Opposition hatte nach seinem Auftritt diesen Schritt gefordert.

Vor den zahlreichen Mikrofonen der Weltpresse hinterließ Nakagawa am Samstag im Rahmen des G7-Gipfels in Rom einen hilflosen und desorientierten Eindruck. Sichtbar kämpfte der Politiker um Haltung. Nur mit Mühe kann er die Augen offenhalten. Mehrfach blickt der neben ihm platzierte Präsident der Bank von Japan, Masaaki Shirakawa, sichtlich irritiert zur Seite. Angesichts der verheerenden Wirtschaftslage ist der Auftritt des Finanzministers ein Desaster für Japan.

Viele Antworten gibt Nakagawa nur mit Verzögerung. Im Vergleich zu den im Stakkato-Ton vorgebrachten Fragen der japanischen Journalisten, schien der Minister im Zeitlupentempo zu sprechen. Einige Sätze endeten in einem unverständlichen Gemurmel. Wie die Online-Ausgabe der britischen "Times" berichtet, waren einige Angaben des Ministers zudem sachlich falsch.

Nakagawa sagte auf entsprechende Rückfragen, er habe vor der Pressekonferenz lediglich ein paar mal an einem Glas Wein genippt. "Nicht mehr als ein Glas", zitiert ihn die "Times". Er habe jedoch jedoch auch Medikamente gegen eine Erkältung genommen. Die Kombination der zwei Wirkstoffe habe ihm offenbar geschadet. Nachteilige Auswirkungen seines Auftritts auf das Ansehen Japans schließt der Minister kategorisch aus.

Bei seiner Rückkehr nach Japan überzog die Opposition den Politiker nach den Angeben des Blattes umgehend mit Rücktrittsforderungen. Yukio Hatoyama, Generalsekretär der oppositionellen Demokratischen Partei, bewertete den Auftritt als Schaden für das ganze Land.

Renner bei YouTube

Videoaufzeichnungen zeigen das ganze Ausmaß des benebelten Auftritts von Rom. Binnen weniger Stunden sind die bei YouTube veröffentlichten Mitschnitte in Japan zum Renner geworden. Die Aufzeichnungen sind zum Politikum geworden. Schon seit Nakagawas Amtsantritt im September kursieren Gerüchte, nach denen der Politiker eine angeblich ausgeprägte Neigung zum Alkohol pflegen soll.

Die Lall-Affäre trifft die regierende Liberal-Demokratische Partei inmitten der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. Nur Stunden, nachdem Nakagawa seine fatale Pressekonferenz gab, teilte sein Kabinettskollege aus dem Wirtschaftsressort verheerende Zahlen für das IV. Quartal 2008 mit: Das Bruttoinlandsprodukt sank im vierten Quartal 2008 im Vergleich zum Vorjahr um 12,7 Prozent. Die Wirkung des jüngst beschlossenen Konjunkturpakets im Umfang von 40,8 Milliarden Euro wird in der Öffentlichkeit aber vehement bezweifelt.

Rezession, die Wirtschaft im Sturzflug und jetzt auch noch ein benebelter Finanzminister — die Außenwirkung der Bilder von Rom gleicht für die Regierung in Tokio einer politischen Katastrophe.

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