Gastbeitrag des britischen Außenministers Kriegsgipfel in Bonn

Bonn · In einem Gastbeitrag zur heute beginnenden Afghanistan-Konferenz schildert der britische Außenminister William Hague, was er sich von dem Treffen in Bonn erhofft.

 Der britische Außenminister William Hague.

Der britische Außenminister William Hague.

Foto: dapd, Lefteris Pitarakis

Heute versammeln sich die politischen Führer der Welt zur Internationalen Afghanistan-Konferenz in Bonn. Die globalen Schlagzeilen waren in diesem Jahr zwar häufig von den historischen Ereignissen des Arabischen Frühlings beherrscht, aber für die britische Regierung und viele unserer internationalen Partner stand Afghanistan weiter im Zentrum der Aufmerksamkeit. Der Grund ist ein zwingender: die nationale und internationale Sicherheit.

Das Treffen bietet der internationalen Gemeinschaft eine wichtige Chance, ihr langfristiges Engagement für Afghanistan zu unterstreichen. Wir alle wollen verhindern, dass das Land jemals wieder zu einem Rückzugsort für den internationalen Terrorismus wird, und wir haben ein gemeinsames Ziel: den Aufbau der Kapazitäten der afghanischen Regierung und der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte, damit die Afghanen die Verantwortung für ihr Land und ihre Zukunft selbst übernehmen können.

Ein Jahrzehnt nach dem 11. September sehen wir al Qaida in Afghanistan und Pakistan deutlich geschwächt, und das heutige Afghanistan ist gegenüber dem von vor zehn Jahren nicht wiederzuerkennen.

Afghanistan muss stark werden

Aber noch liegen gewaltige Aufgaben vor uns, und wir müssen auch dafür sorgen, dass die hart erkämpften Fortschritte nach dem Abzug unserer letzten Kampftruppen 2014 nicht wieder zunichtegemacht werden. Afghanistan muss stark genug werden, um seine eigene Sicherheit zu gewährleisten — und damit indirekt auch die unsere. Dies setzt voraus, dass sich die internationale Gemeinschaft weit über das Jahr 2014 hinaus in Afghanistan engagiert.

Unsere Strategie für eine erfolgreiche Übergabe der Sicherheitsverantwortung an Afghanistan bis Ende 2014 beinhaltet drei Arbeitsbereiche:

Wir helfen Afghanistan beim Aufbau nationaler Sicherheitskräfte, die den Herausforderungen, die auch nach 2014 noch bestehen werden, gewachsen sind. Wir helfen beim Aufbau eines Staates, der im Interesse aller seiner Bürger handelt. Und wir unterstützen die Anstrengungen zur Schaffung eines fairen politischen Prozesses, an dem alle teilhaben.

Die erste Stufe des Übergangs der Sicherheitsverantwortung von der Isaf an die afghanischen Sicherheitskräfte hat bereits begonnen. In der zweiten Stufe, die am 27. November bekanntgegeben wurde, wird bereits die Hälfte der afghanischen Bevölkerung in Gebieten leben, für die afghanische Sicherheitskräfte verantwortlich sind. (...)

Unterstützung bis 2014

Was die wirtschaftliche Entwicklung anbelangt, kann der Aufstand der Taliban gegen die afghanische Regierung nur besiegt werden, wenn die afghanische Bevölkerung volles Vertrauen in die Fähigkeit ihrer Regierung hat (...). Afghanistan gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, es hat mit die höchste Kindersterblichkeit und Analphabetenrate, es wird noch auf Jahre hinaus Entwicklungshilfe brauchen.

Aber bis 2014 können wir Afghanistan dabei unterstützen, zu einem Staat zu werden, der lebensfähig und in der Lage ist, seinen Bürgern elementare Dienstleistungen bereitzustellen. Und an der politischen Front helfen wir den Afghanen dabei, die starke Loyalität, die alle Afghanen gegenüber ihrer Nation empfinden, für die Schaffung einer Loyalität gegenüber dem Staat nutzbar zu machen.

Dieser Prozess muss auch Gruppen einbeziehen, die von der 2001 in Bonn getroffenen Vereinbarung ausgeschlossen waren, allerdings nicht auf Kosten anderer wie etwa der Gruppen im Norden oder der weiblichen Bevölkerung Afghanistans. Die afghanische Verfassung garantiert die Gleichberechtigung von Mann und Frau, und wir unterstützen die afghanische Regierung voll und ganz in ihrem Bemühen, dieses Prinzip durchzusetzen.

Auch für andere Länder eine Gefahr

Die Führer der Taliban müssen sich jetzt entscheiden. (...) Die Aufständischen müssen wissen, dass sie ihre Ziele niemals mit Gewalt erreichen werden. Sie sollten das Dialogangebot der afghanischen Regierung annehmen. Die Regierung und die internationale Gemeinschaft sind sich bewusst, dass die erste Bonner Konferenz nicht alle Gruppierungen beteiligt hat. Beim Aufbau einer besseren Zukunft sollten jetzt alle Afghanen, die sich ernsthaft für den Frieden einsetzen, mit am Tisch sitzen.

Eine Lösung in Afghanistan fördert die Stabilität in Pakistan. Deshalb hat Pakistan ein Interesse daran, eine positive Rolle zu spielen. Pakistan und Afghanistan sollten sich zusammenschließen, um die Ströme militanter Kämpfer einzudämmen, die von beiden Seiten der Grenze aus immer noch die Souveränität der zwei demokratischen Regierungen unterminieren wollen. (...)

Auch für andere Länder in der Region bedeuten instabile Verhältnisse in Afghanistan eine Gefahr, und auch sie sollten zusammenarbeiten, damit die Region friedlicher und sicherer wird. Deshalb ist es erfreulich, dass auf der Regionalkonferenz im November in Istanbul mit dem sogenannten "Istanbuler Prozess" erstmals Rahmenbedingungen für eine politische, sicherheitspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Region vereinbart wurden.

In Bonn sollten wir unser kollektives Engagement für Afghanistan bekräftigen. Danach werden wir im Mai nächsten Jahres auf dem Nato-Gipfel in Chicago entscheiden, welche Sicherheitsunterstützung wir nach 2014 weiterhin gewähren werden. Mit internationaler Hilfe, auch nach 2014, wird Afghanistan auf dem Weg zu mehr Frieden und Stabilität immer weiter kommen. Dies liegt in unser aller Interesse.

(RP/csr/csi)
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