Nach Kämpfen in Saporischschja IAEA-Team auf dem Weg zur Inspektion von ukrainischem Atomkraftwerk

Kiew · Schon seit Monaten setzt sich der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde für eine Inspektion des größten Atomkraftwerks in Europa ein. Die Kämpfe in der Umgebung des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja hielten am Montag an.

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Zwei Jahre Krieg in der Ukraine

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Foto: dpa/Emilio Morenatti

Nach monatelangem Streit um die Modalitäten ist ein Team der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zu einer Inspektion der Atomanlage Saporischschja in der Ukraine aufgebrochen. „Der Tag ist gekommen“, die Mission „ist jetzt auf ihrem Weg“, schrieb der Generaldirektor der IAEA, Rafael Mariano Grossi, am Montag bei Twitter. „Wir müssen die Sicherheit der größten Nukleareinrichtung der Ukraine und Europas schützen. Stolz, diese Mission zu leiten“, erklärte Grossi. Das Team soll noch in dieser Woche an der Anlage eintreffen. Die Kämpfe in der Umgebung des Atomkraftwerks dauerten auch am Montag an.

Grossi hatte sich seit Monaten um Zugang für Experten seiner Organisation zu der Anlage bemüht. Das Atomkraftwerk wird seit Anfang März von russischen Truppen kontrolliert, jedoch weiter von ukrainischem Personal betrieben. Die Dringlichkeit einer Inspektion der Anlage durch Experten war in den vergangenen Tagen gestiegen. Russland und die Ukraine warfen sich gegenseitig Angriffe auf die Anlage oder nahe der Anlage vor.

Dies hatte die Sorge befeuert, dass die Kämpfe einen massiven Austritt von Radioaktivität zur Folge haben könnten. In der vergangenen Woche war das Atomkraftwerk zum ersten Mal in seiner Geschichte vollständig von der Stromversorgung abgeschnitten gewesen.

Noch genauere Angaben zum Zeitplan für den Besuch der Atomanlage machte Grossi nicht. Sowohl er als auch die IAEA twitterten ein Foto, das Grossi zusammen mit 13 weiteren Experten zeigte. Die IAEA twitterte, ihr Team werde unter anderem den Schaden an der Einrichtung einschätzen, die Funktionalität der Sicherheitssysteme und den personellen Zustand bewerten.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte, die Mission werde „die schwerste in der Geschichte der IAEA“. Die Ukraine erwarte eine deutliche Schilderung der Fakten, denn Russland setze die ganze Welt der Gefahr eines Nuklearunfalls aus, sagte er in Stockholm.

Kremlsprecher Dmitri Peskow warf der Ukraine Angriffe auf und um die Anlage herum vor. Alle Staaten müssten den Druck auf die ukrainische Seite erhöhen, den europäischen Kontinent durch den Beschuss nicht länger zu bedrohen, sagte Peskow in Moskau. Russland werde die Sicherheit der IAEA-Mission sicherstellen.

Die Ukraine hat Russland vorgeworfen, die Anlage gewissermaßen als Geisel genommen zu haben, dort Waffen zu lagern und aus der Umgebung Attacken zu starten. Moskau wirft dagegen der Ukraine vor, rücksichtslos auf das Atomkraftwerk zu feuern. Das Werk Saporischschja hat sechs Atomreaktoren.

Das russische Militär griff am Montag nach ukrainischen Angaben erneut Ziele in der Umgebung des Atomkraftwerks an. In Nikopol am gegenüberliegenden Ufer des Dnipros kam dabei demnach ein Mensch ums Leben und fünf wurden verletzt. In Enerhodar machte der ukrainische Bürgermeister der Stadt, Dmytro Orlow, den russischen Beschuss für die Verletzung von mindestens zehn Einwohnern verantwortlich.

Am Wochenende wurden sowohl auf russisch kontrolliertem Gebiet am linken Ufer des Dnipros als auch auf ukrainisch kontrolliertem am rechten Ufer in jeweils etwa zehn Kilometern Entfernung von der Atomanlage Angriffe gemeldet. Die IAEA erklärte am Sonntag, die Strahlungswerte seien normal.

(jmb/mzu/dpa)
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