Geflüchtete aus der Ukraine in NRW Mehr Menschen in Jobs, mehr Kinder in der Schule

Düsseldorf · Es gibt in NRW – trotz wachsender Herausforderungen – große Fortschritte bei der Versorgung der Menschen aus der Ukraine. Gerade auf dem Arbeitsmarkt tut sich etwas. Ein Überblick.

Ukraine: Zwei Jahre Krieg - Die wichtigsten Fotos
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Zwei Jahre Krieg in der Ukraine

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Foto: dpa/Emilio Morenatti

Etwa eine Viertelmillion Menschen sind vor dem russischen Krieg aus der Ukraine nach NRW geflohen. Es gibt Schwierigkeiten, gerade bei ihrer Unterbringung – aber auch große Fortschritte. Ein Überblick.

Flüchtlingszahlen Rund 226.000 Geflüchtete aus der Ukraine sind inzwischen in NRW registriert (Stand: 9. Februar 2023). Der monatliche Zuzug liege seit dem Herbst auf „moderat niedrigem Niveau“, heißt es aus dem Flüchtlingsministerium. Etwa 40 Prozent der Schutzsuchenden sind Frauen, etwa ein Drittel sind minderjährig.

Schulen Mehr als 37.600 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine sind jetzt an den NRW-Schulen. Positive Entwicklung: Ende August standen mehr als 3000 junge Menschen auf Wartelisten für einen Schulplatz. Diese Zahl wurde nach und nach abgebaut. Zuletzt waren Ende Januar noch rund 670 Kinder unversorgt, weitere 350 warteten auf ihr Erstgespräch vor der Platzsuche. In den Schulen fehlt es aber dringlich an Personal und an Räumen. Gezielt wurden auch Lehrer aus der Ukraine gesucht, um der Situation zu begegnen. Inzwischen unterrichten 98 Personen aus der Ukraine an den NRW-Schulen.

Kinderbetreuung 17.000 ukrainische Kinder im Kita-Alter sind in NRW angekommen. Wie viele von ihnen inzwischen in Kitas oder besonderen Betreuungsprojekten untergekommen sind, ist nicht statistisch erfasst.

Unterbringung Die Unterbringung der Schutzsuchenden ist das größte und ein weiter wachsendes Problem für die Kommunen. „Sie sind permanent auf der Suche nach geeigneten Unterkünften, während die nächsten vom Land zugewiesenen Flüchtlinge schon wieder vor der Tür stehen“, beklagt der Städte- und Gemeindebund. Das zuständige Personal gehe „auf dem Zahnfleisch“, der Wohnungsmarkt gebe nichts mehr her, es blieben nur Provisorien und Notlösungen wie die Nutzung von Turnhallen. „Selbst hier stoßen wir mittlerweile an Grenzen. Die Kommunen benötigen dringend Entlastung durch Bund und Land, etliche sind mit den Kräften am Ende.“

Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Kapazitäten in seinen heute 45 landeseigenen Unterbringungsmöglichkeiten bislang von rund 15.000 auf rund 29.000 Plätze aufgestockt. Derzeit liege die Auslastung zwischen 77 und über 80 Prozent, Erweiterungen sind geplant.

Arbeitsmarkt Immer mehr Kriegsflüchtlinge finden Arbeit. Binnen eines Jahres sind bis Herbst 2022 rund 16.150 ukrainische Staatsangehörige in NRW in Jobs gelangt. Die weitaus meisten – mehr als 12.000 Personen – kamen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, die übrigen in Minijobs. Natürlich können auch Ukrainer unter die Statistik fallen, die schon vor dem Krieg im Land waren. Aber der Zuwachs setzt eindeutige Zeichen: Im November 2021 gab es im ganzen Bundesland gerade mal rund 11.550 ukrainische Beschäftigte.

Der Landesintegrationsrat dringt allerdings auf schnellere Anerkennungen von Qualifikationen. „Das bürokratische System, bis die ausländischen Berufsabschlüsse anerkannt sind, ist viel zu kompliziert, und es dauert viel zu lange“, sagte die Vize-Vorsitzende Ksenija Sakelsek. Vielfach würden Menschen in Branchen vermittelt, in denen Leute fehlen und in die sie einigermaßen zügig einsteigen können. „Aber es gehen Kompetenzen verloren, wenn wir eine Bauingenieurin in der Pflege unterbringen – wenn wir Fachleute nicht in die Berufe vermitteln, die sie erlernt haben.“

Sprachkurse Ende 2022 besuchten 40.000 ukrainische Kriegsgeflüchtete einen Integrationskurs. Die Tendenz sei steigend, heißt es aus dem Arbeitsministerium.

Grundsicherung Bis Oktober 2022 – das sind die neuesten belastbaren Zahlen – waren in NRW fast 140.000 Menschen aus der Ukraine in 68.300 Bedarfsgemeinschaften in der Grundsicherung. Zum Vergleich: Vor der Öffnung des Systems für die Kriegsflüchtlinge im Juni 2022 bezogen nur rund 4200 ukrainische Bürger Hartz IV.

Prognosen Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) appelliert an die Bundesregierung, für Konzepte für künftige Entwicklungen zu sorgen. „Es ist nicht möglich, die Situation in der Ukraine vorauszusagen“, sagte sie unserer Redaktion. „Und trotzdem müssen wir gemeinsam – Bund, Länder und Kommunen – versuchen, besser als bisher Szenarien zu entwickeln, um daraufhin koordiniert vorgehen zu können. Der Bund muss das steuern.“

 In der Ukraine schaut ein Kind aus dem Fenster eines Zuges, das es in den Westen des Landes bringen soll. Für viele Menschen endet die Flucht dort nicht. Gut eine Viertelmillion Schutzsuchende sind derzeit in NRW.

In der Ukraine schaut ein Kind aus dem Fenster eines Zuges, das es in den Westen des Landes bringen soll. Für viele Menschen endet die Flucht dort nicht. Gut eine Viertelmillion Schutzsuchende sind derzeit in NRW.

Foto: dpa/Andriy Andriyenko

Anmerkung der Redaktion: Diesen Artikel haben wir bereits am 9. Februar 2023 veröffentlicht. Wir haben ihn aktualisiert und bieten ihn aufgrund der aktuellen Geschehnisse noch einmal zum Lesen an. Die genannten Zahlen sind auf dem Stand vom 9. Februar 2023.

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