MIG-29-Jets für die Ukraine Ein mythenumranktes Kriegsgerät

DÜSSELDORF · Die Jets vom Typ Mig-29, die die Ukraine erhalten soll, sind von Legenden umrankt. Eine kurze Geschichte vom „Kobra-Manöver“ und dem „Geist von Kiew“, über die „Schönheit“ des Jets – und seine Nutzung auch durch DDR-Militär und Bundeswehr.

Mig-29 in Diensten der Bundeswehr bei einem Manöver 2003.

Mig-29 in Diensten der Bundeswehr bei einem Manöver 2003.

Foto: US Air Force/TSGT MICHAEL AMMONS, USAF

Den „Geist von Kiew“, den ukrainischen Spitzen-Kampfpilot à la Tom Cruise in „Top Gun“ gibt es nicht – sein bevorzugtes Arbeitsgerät aber existiert sehr wohl. Und sehr bald soll sich die Ukraine mit mehr Mig-29-Jets besser gegen den russischen Angriffskrieg wehren können; Polen und die Slowakei haben zugesagt, 33 Exemplare aus ihren Beständen zu spenden, um die Verteidigungskraft der ukrainischen Luftwaffe zu erhöhen.

Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters, aber irritierend ist es doch: Unter jedem Artikel oder Video über die Mig-29 geht es unweigerlich um die angeblich unübertroffene Eleganz ihrer Linienführung. Als ginge es um ein Kunstwerk, ein Rennpferd oder einen schnittigen Sportwagen. Dabei war das Modell 29 des sowjetischen Flugzeugherstellers Mikojan-Gurewitsch noch nie l’art pour l’art, ein Kunstwerk um der Kunst willen. Sein Hauptzweck war und ist es, mindestens drei Tonnen Bomben und Raketen zu transportieren und ans Ziel zu bringen. Doch in den 40 Jahren seit Indienststellung ist ein Dickicht an Mythen um das stark motorisierte Mehrzweckkampfflugzeug gewachsen.

Gäbe es den„Geist von Kiew“, flöge auch er eine Mig-29.

Gäbe es den„Geist von Kiew“, flöge auch er eine Mig-29.

Foto: CC BY-SA 4.0/Gemälde von Andriy Dankovych

Das begann schon mit dem Nato-Codenamen „Fulcrum“ - zu Deutsch etwa: Hebelpunkt, oder auch: Dreh- und Angelpunkt. Ein Kompliment für die erstaunliche Wendigkeit des Flugzeugs, das den Sowjets und später Russen so schmeichelte, dass sie es teils in ihren eigenen Sprachgebrauch übernahmen. Und aus guten Gründen wird fast ebenso häufig wie die „Schönheit“ des Flugzeugs insbesondere das „Kobra-Manöver“ zum Thema gemacht. Nur acht Kampfflugzeug-Typen überhaupt sind zu diesem extremen Manöver fähig: Dabei hebt der Pilot die Nase des Flugzeugs so weit an, dass der Winkel von 90 Grad erreicht und sogar überschritten wird, sodass der Jet abrupt abbremst und sich kurz komplett auf dem nun nach unten gerichteten Schubstrahl seiner Triebwerke bewegt wie eine Rakete. Dazu in der Lage sind vier Modelle des schwedischen Herstellers Saab sowie vier von Mikojan-Gurewitsch.

Die Mig-29 wurde in ungewöhnlich großen Stückzahlen gefertigt: Rund 1600 Exemplare sollen bis heute gebaut worden sein, etwa jedes Zweite davon gilt als noch flugfähig. Sie generell als veraltet abzutun, wäre fahrlässig, da die Mig-29 bis heute in knapp 20 verschiedenen Varianten aufgelegt wurde. Die modernste namens Mig-29M wird noch immer produziert.

Eine polnische Mig-29 auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung 2012

Eine polnische Mig-29 auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung 2012

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Das Flugzeug war ein wahrer Exportschlager: Neben Russland und Belarus einerseits, Polen und der Slowakei sowie der Ukraine andererseits betreiben heute auch knapp 20 weitere Staaten einige Maschinen. Indien und der Iran gehören dazu, aber auch einige der ärmsten Länder der Welt, darunter Bangladesch und Bulgarien sowie Kuba und der Tschad, Eritrea und Nordkorea.

Die Mig-29 hat auch eine interessante deutsch-deutsche Vergangenheit: 24 Maschinen wurden seit 1988 von der Nationalen Volksarmee der DDR betrieben – und nach der Wiedervereinigung an die Bundeswehr übergeben. Dort dienten sie zur Überwachung des deutschen Luftraums sowie als Übungsgegner in Manövern etwa mit dem US-Militär. Eine dieser Maschinen steht heute im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Berlin-Gatow, eine weitere war 1996 abgestürzt (der Pilot konnte sich per Schleudersitz retten) – und die 22 verbleibenden wurden 2003 für einen symbolischen Euro pro Stück an Polen verkauft.

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