Krieg in der Ukraine Explosionen im Westen, schwere Kämpfe im Süden - Die Nacht im Überblick

Kiew · Die russischen Truppen in der Ukraine führen ihren Angriffskrieg mit Beschuss und Kämpfen um einzelne Städte fort. Im Folgenden ein Überblick zum Geschehen in der Nacht.

Rauch von Beschuss hinter einem Trauerkranz auf einem Friedhof in Vasylkiv, südwestlich von Kiew am Samstag.

Rauch von Beschuss hinter einem Trauerkranz auf einem Friedhof in Vasylkiv, südwestlich von Kiew am Samstag.

Foto: AP/Vadim Ghirda

 Die Lage in der Ukraine ist auch am frühen Sonntagmorgen schwer einzuschätzen. Die Nato erwartet eine weitere Verschärfung der humanitären Notlage. Nach ukrainischen Angaben versuchen russische Truppen am 18. Tag der Invasion weiterhin, mehrere Städte zu erobern. Vielerorts fehlen unabhängige Berichte, die Meldungen der beteiligten Konflikparteien können von Eigeninteressen gefärbt sein.

Der Krieg hat in der Nacht erstmals die westukrainische Metropole Lwiw erreicht, in der sich viele Flüchtlinge sammeln. Die Stadt wurde am 18. Tag der Invasion von Explosionen erschüttert. Ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichtete am Sonntagmorgen von mehreren Detonationen. Es wurde Luftalarm ausgelöst. Das ukrainische Militär bestätigte einen Raketenangriff auf einen Militärstützpunkt in Jaworiw unweit der Grenze zu Polen. Über Schäden war zunächst nichts bekannt.

Russische Einheiten versuchen nach ukrainischen Angaben weiter eine Erstürmung der Stadt Mariupol, in der mehrere hunderttausend Zivilisten festsitzen. Prorussische Separatisten stießen dort mit Unterstützung russischer Truppen in östliche Randbezirke vor, wie die ukrainischen Streitkräfte mitteilten. Eine russische Offensive stehe zudem der Stadt Sjewjerodonezk mit 100.000 Einwohnern im Gebiet Luhansk bevor. Im Süden des Landes bauten russische Truppen Kräfte an der Industriegroßstadt Krywyj Rih mit über 600.000 Einwohnern auf. Die Angaben waren unabhängig nicht überprüfbar.

In der von der russischen Armee belagerten Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine scheiterte am Samstag ein weiterer Anlauf zur Evakuierung von Zivilisten. 50 Busse hätten wegen Beschusses nicht abfahren können, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk sagte, die Kolonne sei fünf Stunden an einem Kontrollpunkt festgehalten worden sei. Am Sonntag solle es einen weiteren Versuch geben. Anderswo hätten die Fluchtkorridore funktioniert, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Insgesamt hätten an dem Tag 12.729 Menschen belagerte und umkämpfte Städte verlassen können, der Großteil davon aus der Stadt Sumy im Nordosten.

Die Nato erwartet eine weitere Verschärfung der Kämpfe und der humanitären Notlage. „Wir sehen mit Schrecken die steigenden Zahlen ziviler Opfer und die sinnlose Zerstörung durch die russischen Kräfte“, sagte der Generalsekretär der Militärallianz, Jens Stoltenberg, der Zeitung „Welt am Sonntag“. Die Menschen in der Ukraine widersetzten sich der Invasion mit Mut und Entschiedenheit, „aber die kommenden Tage werden wahrscheinlich noch größere Not bringen“, warnte er.

Stoltenberg lehnte erneut Forderungen ab, die Nato solle eine Flugverbotszone über der Ukraine durchsetzen. Das würde bedeuten, dass russische Kräfte angegriffen werden müssten. „Und damit würde man eine direkte Konfrontation und eine unkontrollierbare Eskalation riskieren. Wir müssen diesen Krieg beenden und ihn nicht noch ausweiten.“ Die Nato sei eine defensive Allianz. „Wir suchen keinen Konflikt mit Russland.“

Der ukrainische Präsident Selenskyj droht unterdessen möglichen Kollaborateuren Russlands in der Ukraine. Wer sich von Angeboten der russischen Besatzer in Versuchung geführt sehe, unterschreibe damit sein eigenes Urteil, sagte er in einer in der Nacht zu Sonntag veröffentlichten Videobotschaft. „Das Urteil lautet, mehr als 12.000 Besatzern zu folgen, die nicht rechtzeitig verstehen konnten, warum die Ukraine nicht angegriffen werden sollte.“ Zuletzt hieß es von ukrainischer Seite, dass mehr als 12.000 russische Soldaten in dem Krieg in der Ukraine getötet worden seien. Für diese Zahlen gibt es bislang keine Bestätigung.

Nach dem hartnäckigen militärischen Widerstand der Ukrainer sieht Selenskyj erste Veränderungen der Position Russlands. „Jetzt haben sie begonnen, über etwas zu reden - und nicht einfach Ultimaten zu stellen“, sagte er am Samstag vor internationalen Journalisten in Kiew. Der 44-Jährige ist nach eigenen Worten zufrieden damit, da es das erste Mal seit über zwei Jahren sei, dass Moskau zu einem Dialog bereit sei.

(peng/dpa)
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