Mazar-e Sharif Kramp-Karrenbauer für längeren Afghanistan-Einsatz

Mazar-e Sharif · Die Verteidigungsministerin besuchte zum ersten Mal das Land am Hindukusch.

Mazar-e Sharif: Kramp-Karrenbauer für längeren Afghanistan-Einsatz
Foto: dpa/Britta Pedersen

Kies knirscht unter den Füßen, Fackeln säumen den Weg, der sonst im Dunkeln läge. Unter dem sternenklaren Nachthimmel von Mazar-e Sharif läuft Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zum Ehrenhain der gefallen Soldaten der Nato-Mission in Afghanistan. Sie gedenkt der Gefallenen und wird hinterher sagen, dass dies der richtige Ort sei, um einen Besuch in Afghanistan zu beginnen. „Am Ehrenmal wird deutlich, wie lange dieser Einsatz schon dauert, der auch bewusst macht, dass es bis hier her ein harter Weg war“, sagt sie. Kramp-Karrenbauer ist am Montagnachmittag zu einem knapp dreitägigen Besuch in Afghanistan gelandet. Die Ministerin ist zum ersten Mal in dem Land am Hindukusch.

Im Mittelpunkt ihres Interesses dürfte die Frage stehen, wie die amerikanische Militärführung über Verbleib oder Abzug aus Afghanistan denkt. Die US-Armee ist vor Großbritannien und Deutschland der größte Truppensteller dort. Nach den Erfahrungen der Nato mit dem überraschenden Rückzug der Amerikaner aus Nordsyrien ist die Verunsicherung bezogen auf die Nato-Mission in Afghanistan gewachsen. Sollten die Amerikaner gehen, stellt sich für die anderen 39 Nationen die Frage, wie die Sicherheit der eigenen Soldaten garantiert werden kann.

Die Lage im Land ist schwierig: Die im vergangenen Jahr begonnenen Friedensverhandlungen mit den Taliban stocken. Von der angeblichen Bereitschaft der Taliban, die Waffen ruhen zu lassen, von der US-Präsident Donald Trump gesprochen hatte, weiß sonst niemand. Parallel zu den Friedensverhandlungen hatten die USA im sogenannten Doha-Prozess seit Januar erstmals offizielle Friedensgespräche mit den Taliban geführt. Allerdings kam es nicht zur geplanten Unterzeichnung eines Rahmenabkommens – Trump beendete die Gespräche überraschend. Ein abrupter Abzug der Nato-Truppen könnte dazu führen, dass nach kurzer Zeit die Vorherrschaft der Taliban zurückkehrt – inklusive des Terrorexports vom Hindukusch.

Deutschland ist mit rund 1300 Soldaten in Afghanistan stationiert – der Großteil von ihnen in Mazar-e Sharif, 200 in Kabul und 100 in Kundus. Hauptaufgabe der Deutschen ist es, die heimischen Sicherheitskräfte zu unterstützen – mit einem Mandat, das noch bis März läuft. Die Bundesregierung nennt bislang kein Datum, ob und wann Truppen dort reduziert werden können. Zum Auftakt ihres Besuchs ließ Kramp-Karrenbauer durchblicken, dass sie deutsche Truppen in Afghanistan weiter für notwendig hält: „Wir werden das im Frühjahr entscheiden.“ Man werde das sicherlich auch entscheiden mit Blick auf die fortschreitenden Verhandlungen um eine Friedenslösung in Afghanistan, betonte sie. „Stand heute würde ich sagen, dass sehr vieles dafür spricht, dass die Arbeit, die wir begonnen haben und die noch nicht beendet ist, auch fortgesetzt werden kann.“

Nicht nur die Taliban bedrohen die Sicherheit in Afghanistan. Auch der IS hat Fuß fassen können. Zugleich ist die innenpolitische Lage instabil, da noch um die Auszählung der Stimmen der letzten Präsidentschaftswahl gerungen wird. Ein Ende der Gewalt ist nicht in Sicht. In den vergangenen fünf Jahren kamen bei Anschlägen und in Kämpfen 45.000 Menschen ums Leben, darunter 6000 Zivilisten. Die Zivilbevölkerung leidet: Die Arbeitslosigkeit ist zuletzt gestiegen, etwa jeder Vierte hat keinen Job. Mehr als die Hälfte der Menschen lebt unter der Armutsgrenze.

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