Grenze zum Kosovo Serbiens Präsident ruft zu Abbau der Straßenblockaden auf

Belgrad · Im Konflikt an der Grenze zu Serbien hat der Kosovo den wichtigsten Grenzübergang geschlossen. Der serbische Präsident Vucic ruft seine Bürger nun zum Abbau von Straßenblockaden auf. Unterdessen gießt Russland Öl ins Feuer.

 Zwei Polizisten aus dem Kosovo am geschlossenen Grenzübergang zwischen Kosovo und Serbien in Merdare.

Zwei Polizisten aus dem Kosovo am geschlossenen Grenzübergang zwischen Kosovo und Serbien in Merdare.

Foto: dpa/Visar Kryeziu

Inmitten des sich verschärfenden Konflikts auf dem Balkan zwischen Serbien und dem Kosovo zeichnet sich für die seit 19 Tagen andauernden Straßenblockaden eine Lösung ab. Die Serben werden am Donnerstagmorgen mit dem Abbau der Barrikaden beginnen, kündigte der serbische Präsident Aleksandar Vucic am Mittwochabend nach einem Treffen mit Serben aus dem nördlichen Kosovo in der serbischen Stadt Raska an. „Es ist ein langwieriger Prozess. Es wird eine Weile dauern.“

Auslöser war die Festnahme eines serbischen Polizisten, der bei einer früheren Demonstration Polizeibeamte des Kosovo angegriffen haben soll. Die serbischen Demonstranten fordern seine Freilassung und errichteten im Zuge der teils gewaltsamen Proteste Straßenblockaden. Ein Gericht in Pristina ordnete nun an, dass er aus der Haft entlassen und in Hausarrest überstellt wird.

Serbiens Präsident Vucic rief Vertreter der Kosovo-Serben am Mittwochabend auf, die Straßenblockaden zu beenden. „Was haben wir davon, wenn die Barrikaden bleiben? Ich kann Ihnen fünfhundert Dinge sagen, die wir bekommen können, wenn sie entfernt werden“, sagte Vucic nach Angaben des staatlichen Senders RTS.

Die Bundesregierung forderte, die Straßenblockaden müssten so schnell wie möglich abgebaut werden. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin sagte, gleichzeitig müsse der Kosovo die Umsetzung des vereinbarten serbischen Gemeindeverbands akzeptieren. Das Haus von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sei „sehr besorgt“ über die Spannungen.

Im Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo hatte sich die Sicherheitslage am Mittwoch zugespitzt. Als Reaktion auf die Errichtung weiterer Straßenbarrikaden auf der serbischen Seite schloss die kosovarische Regierung in Pristina den wichtigsten Grenzübergang zum Nachbarland und bat die Nato-Friedenstruppen um Unterstützung bei der Räumung der auf dem Gebiet Kosovos errichteten Barrikaden. Die USA und die EU riefen beide Seiten zur Deeskalation auf, während Russland seine Unterstützung für Belgrad bekräftigte.

Am Dienstagabend hatten Demonstranten auf der serbischen Seite der Grenze mit Lastwagen und Traktoren den Verkehr nach Merdare behindert, dem größten Grenzübergang zwischen den Ländern. Brüssel und Washington riefen in einer gemeinsamen Erklärung alle Beteiligten auf, „größtmögliche Zurückhaltung zu üben“, „sofortige Maßnahmen“ zu „bedingungsloser Deeskalation“ zu ergreifen und „von Provokationen, Drohungen oder Einschüchterungen abzusehen“.

Die EU und die USA erklärten zudem, sie arbeiteten mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic und dem kosovarischen Regierungschef Albin Kurti zusammen, um eine politische Lösung für eine der schwerwiegendsten Eskalationen der vergangenen Jahre im Norden des Kosovo zu finden. Der serbische Verteidigungsminister Milos Vucevic erklärte, Belgrad sei zu einer Einigung in dem Konflikt bereit, nannte aber keine Einzelheiten.

Bereits in den vergangen Wochen war es im Norden des Kosovo an der Grenze zu Serbien zu heftigen Spannungen gekommen. Hunderte Kosovo-Serben errichteten aus Protest gegen die Festnahme eines ehemaligen serbischen Polizisten Straßensperren und legen seitdem den Verkehr in der Nähe von zwei Grenzübergängen lahm. Danach waren kosovarische Sicherheitskräfte und Soldaten der Nato-geführten Kosovo-Friedenstruppe (Kfor) mehrfach angegriffen worden, teilweise mit Schusswaffen.

Am Mittwoch ordnete ein Gericht in Pristina die Freilassung des ehemaligen Polizisten an. Er werde nun unter Hausarrest gestellt, sagte eine Gerichtssprecherin. Die Entscheidung könnte zum Abbau der Spannungen beitragen.

Serbien hatte am Montagabend verkündet, die Armee wegen des Konflikts in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen und die Präsenz der serbischen Streitkräfte zu erhöhen.

Russland bekräftigte hingegen seine Unterstützung für Serbien. „Wir unterstützen Belgrad bei all seinen Maßnahmen, die ergriffen werden“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau.

Die Bundesregierung in Berlin äußerte hingegen Kritik an der Verstärkung der serbischen Militärpräsenz vor Ort. Diese setze ein „völlig falsches Signal“, sagte der Außenamtssprecher. Der serbischen Seite gegenüber sei das sehr deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

Serbien ist einerseits offizieller EU-Beitrittskandidat, gilt aber andererseits als engster Verbündeter Russlands auf dem Westbalkan. Den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Belgrad verurteilt. Es weigert sich aber, sich den westlichen Sanktionen gegen Moskau anzuschließen.

Das Kosovo mit seiner mehrheitlich albanischen Bevölkerung hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird aber von Belgrad bis heute als abtrünniges südserbisches Gebiet betrachtet. Belgrad bestärkt die serbische Minderheit im Norden des Kosovo in ihren Versuchen, sich der Autorität der Regierung in Pristina zu widersetzen.

(peng/AFP/Reuters)
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