Unterhauswahl in Großbritannien Konservative unter Cameron stärkste Kraft

London (RPO). Das amtliche Endergebnis steht fest: Bei der Unterhaus-Wahl in Großbritannien haben die oppositionellen Konservativen unter David Cameron die meisten Mandate errungen. Die absolute Mehrheit aber verfehlte die Partei. Damit bleibt weiter unklar, wer die Regierung des Königreichs stellen wird.

 David Cameron mit seiner Frau Samantha vor dem Wahllokal in Spelsbury.

David Cameron mit seiner Frau Samantha vor dem Wahllokal in Spelsbury.

Foto: AFP, AFP

Nach der Wahl in Großbritannien wollen die Tories von Oppositionsführer David Cameron mit den Liberaldemokraten über eine mögliche Zusammenarbeit sprechen. Premierminister Gordon Brown ließ den Konservativen am Freitag den Vortritt, nachdem seine Labour-Partei das schlechteste Ergebnis seit 1983 erzielt hatte.

Die konservativen Tories von David Cameron sind mit 306 Sitzen stärkste Kraft geworden. Damit verfehlten sie die für eine alleinige Regierungsbildung notwendige absolute Mehrheit von 326 Sitzen deutlich, wie aus dem offiziellen Endergebnis am Freitag hervorging. Die Labour-Partei von Premierminister Gordon Brown kam demnach auf 258 Sitze, die Liberaldemokraten errangen 57 Mandate.

Es ist das erste Mal seit 1974, dass die Wahl ohne klares Ergebnis ausgeht. Die Aussicht auf ein "Hung Parliament" trug zu Verlusten des Pfund bei, da Experten eine Lähmung der Politik befürchten. Rating-Agenturen haben aber entsprechende Befürchtungen relativiert und darauf verwiesen, alle großen Parteien seien sich einig, dass der Abbau des riesigen Haushaltsdefizits Priorität habe.

Bombe in Nordirland

"Ich glaube, es ist bereits klar, dass Labour das Mandat für die Regierung verloren hat", erklärte Tory-Chef Cameron in einer ersten Reaktion. Nun wird sich der Fokus darauf richten, welche Parteien in Gespräche treten werden. Mark Wickham-Jones von der Bristol University sprach von einer Minderheitsregierung der Konservativen als wahrscheinlichsten Ausgang. "Cameron wird versuchen, seine politischen Programme einzubringen, seine Kompetenz unter Beweis zu stellen und dann im Herbst oder im kommenden Frühling erneut Wahlen ansetzen", sagte er.

Die Liberal-Demokraten von Nick Clegg erhielten einer Nachwahl-Befragung zufolge überraschend lediglich 61 Sitze - zwei weniger als bei der Wahl zuvor. Umfragen hatten ein deutliches Plus erwarten lassen. Der Grünen-Partei gelang hingegen ein Erfolg: erstmals in ihrer Geschichte errang eine ihrer Kandidatinnen ein Unterhaus-Mandat - und zwar im südenglischen Küstenort Brighton.

Vor einem Wahllokal in Nordirland entschärfte die britische Armee nach Angaben der Polizei eine Autobombe. Zudem kam es in mehreren Orten im Land zu Pannen bei der Abstimmung. Hunderte Menschen konnten ihre Stimmzettel nicht abgeben, weil die Wahlhelfer mit der unerwartet hohen Zahl an Wählern am späten Abend nicht zurechtkamen. Allein in Sheffield konnten etwa 200 Briten nicht wählen, die zur Schließung der Wahllokale am späten Abend noch in einer Schlange standen. Mehrfach wurde die Polizei gerufen, um wütende Wähler zu besänftigen. Die britische Wahlaufsicht kündigte eine Untersuchung an.

Die ehemalige britische Innenministerin Jacqui Smith, die Pornofilme als Spesen abgesetzt hatte, hat nach 13 Jahren ihren Sitz im Unterhaus unterdessen verloren. Smiths Wahlkreis Redditch in Mittelengland wurde bei der Parlamentswahl am Donnerstag von der Konservativen Karen Lumley gewonnen. Nach 13 Jahren sei sie sehr "traurig" über den Verlust, sagte eine mit den Tränen kämpfende Smith in der Nacht zum Freitag.

(RTR/born)
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