Krieg um Berg-Karabach Aserbaidschan und Armenien einigen sich auf Waffenruhe

Moskau/Baku/Eriwan · Unter Russlands Vermittlung verständigen sich die Länder auf ein Ende der Kämpfe. Armeniens Regierungschef spricht von einem "schmerzhaftem" Schritt. Russische und türkische Friedenstruppen sollen die Lage in der Kaukasusregion überwachen.

 In Eriwan sind nach der Einigung auf eine Waffenruhe in der Nacht Protestierende in das armenische Parlamentsgebäude eingedrungen.

In Eriwan sind nach der Einigung auf eine Waffenruhe in der Nacht Protestierende in das armenische Parlamentsgebäude eingedrungen.

Foto: AP/Dmitri Lovetsky

Aserbaidschan und Armenien haben sich auf eine "vollständige Waffenruhe" in der umkämpften Kaukasusregion Berg-Karabach geeinigt. Dies teilte der russische Präsident Wladimir Putin in der Nacht mit und bestätigte damit eine Mitteilung des armenischen Regierungschefs Nikol Paschinjan. Dieser hatte zuvor erklärt, er habe ein "schmerzhaftes" Abkommen mit Aserbaidschan und Russland unterzeichnet, um den Konflikt zu beenden.

Die Waffenruhe kam unter Vermittlung Russlands zustande und sollte dem Kreml zufolge um Mitternacht Moskauer Zeit in Kraft treten. Putin sagte, die Vereinbarung sei die Grundlage für eine langfristige Lösung des Karabach-Problems.

Paschinjan hatte zuvor auf Facebook von einem "unsäglich schmerzhaften Schritt für mich und für unser Volk" geschrieben. Er habe sich nach reiflicher Überlegung und Analyse der Lage für eine Unterzeichnung entschieden, schrieb Paschinjan. Beobachter werteten das als Kapitulation. In Armenien begannen noch in der Nacht spontane Proteste gegen die Vereinbarung. Demonstranten beschimpften Padchinjan als Verräter und stürmten und verwüsteten seinen Regierungssitz.

Bisher gab es bereits drei Anläufe für eine Waffenruhe. Sie scheiterten allesamt. Es ist aber das erste Mal, dass die Staats- und Regierungschefs eine solche Vereinbarung unterzeichneten.

Kurz vor der Bekanntgabe der Waffenruhe hatten aserbaidschanische Truppen in Berg-Karabach den strategisch wichtigen Ort Shushi eingenommen und rückten in Richtung Stepanakert - der Regionalhauptstadt von Berg-Karbach - vor, wie ein Sprecher der örtlichen Separatistenregierung bestätigte. Aserbaidschan teilte mit, dass es über Armenien weit entfernt von den Kämpfen einen russischen Militärhubschrauber abgeschossen habe. Dabei wurden zwei russische Militärangehörige getötet.

Die Waffenruhe soll nach Angaben des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev von russischen und türkischen Friedenstruppen gemeinsam überwacht werden. Es werde eine gemeinsame Friedensmission von Türken und Russen geben, sagte Aliyev der Agentur Interfax zufolge in Baku in der Nacht. Von russischer Seite würden für fünf Jahre 1960 Soldaten eingesetzt, mit der Option einer Verlängerung um weitere fünf Jahre. Zur Zahl der türkischen Soldaten machte Aliyev zunächst keine Angaben. In der Mittteilung aus Moskau war nur von “russischen Friedenstruppen“, die Rede, die nun das Ende der Kampfhandlungen überwachen sollten.

Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Kaukasus-Region war Ende September wieder voll entbrannt. Seit Beginn der Kämpfe wurden nach offiziellen Angaben beider Konfliktparteien mehr als tausend Menschen getötet.

Berg-Karabach hatte während des Zerfalls der Sowjetunion einseitig seine Unabhängigkeit erklärt. Darauf folgte in den 90er Jahren ein Krieg mit 30.000 Toten. Die selbsternannte Republik Berg-Karabach wird bis heute international nicht anerkannt und gilt völkerrechtlich als Teil Aserbaidschans. Sie wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt.

(juju/AFP/dpa)
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