Ukraine Konflikt in der Ostukraine überschattet Kommunalwahlen

Kiew · Der Konflikt mit den prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine hat am Sonntag die Kommunalwahlen in dem Land überschattet. In der ostukrainischen Hafenstadt Mariupol, der letzten größeren Stadt in der Konfliktregion unter Kontrolle Kiews, wurde der Urnengang kurzfristig abgesagt.

 Kiews derzeitiger Bürgermeister Vitali Klitschko (rechts) bei der Stimmabgabe mit seiner Frau Natalia und seinem Bruder Wladimir. Klitschko muss ersten Hochrechnungen zufolge in die Stichwahl.

Kiews derzeitiger Bürgermeister Vitali Klitschko (rechts) bei der Stimmabgabe mit seiner Frau Natalia und seinem Bruder Wladimir. Klitschko muss ersten Hochrechnungen zufolge in die Stichwahl.

Foto: afp, GS/RA

Die Wahlen gelten als wichtiger Test für den prowestlichen Staatschef Petro Poroschenko. Bei der Bürgermeisterwahl in Kiew muss Amtsinhaber Vitali Klitschko wohl in eine Stichwahl.

Als Grund für die Absage der Wahl in Mariupol, wo prorussische Gruppen im Wahlrennen vorne lagen, wurden offiziell Probleme mit den Wahlscheinen angegeben. Die Wahl müsse deshalb verschoben werden, teilte die städtische Wahlkommission mit. Poroschenko sagte, in Mariupol "wurde Wahlbetrug vorbereitet". Er nannte dies bei seiner Stimmabgabe in Kiew "absolut inakzeptabel".

Enttäuschte Wähler erhoben in Mariupol indes den Vorwurf, dass die 500.000-Einwohner-Stadt absichtlich ohne Verwaltung bleiben solle. Die prorussischen Rebellen im Osten des Landes hatten wiederholt versucht, die strategisch wichtige Stadt zu erobern, die zwischen den von den Rebellen kontrollierten Gebieten und der von Russland annektierten Halbinsel Krim liegt.

Die Rebellen-Gebiete waren von den Wahlen ohnehin ausgenommen. Die Separatisten wollen dort nächstes Jahr eigene Wahlen abhalten. Angesichts der unsicheren Lage hatten die ukrainischen Behörden aber auch beschlossen, in 122 von der ukrainischen Armee kontrollierten Kommunen an der Frontlinie keine Wahlen abzuhalten. In dem Gebiet wird seit September ein Waffenstillstand weitgehend eingehalten.

Für Präsident Poroschenko, dem vorgeworfen wird, sein Versprechen einer raschen Beendigung des Konflikts nicht eingehalten beziehungsweise den prorussischen Rebellen zu sehr nachgegeben zu haben, sind die Kommunalwahlen von womöglich vitaler Bedeutung. Seine zerstrittene Regierungskoalition könnte an der Wahl sogar zerbrechen, was eine Auflösung des Parlaments zur Folge haben könnte. Analysten gingen davon aus, dass die Vaterlandspartei von Julia Timoschenko die Koalition verlassen könnte, sollte sie bei den Kommunalwahlen gut abschneiden.

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Für die Regierung ist eines der größten Risiken bei den Wahlen zudem ein Erstarken der prorussischen Opposition in Kommunen im Süden und Südosten des Landes. In einigen Städten wie Charkiw an der Grenze zum Separatisten-Gebiet oder Odessa am Schwarzen Meer könnten Anhänger des Anfang 2014 entmachteten Kreml-treuen Präsidenten Viktor Janukowitsch den Sieg davon tragen.

In Charkiw stand der Janukowitsch-Getreue Gennadi Kernes zur Wiederwahl, dem Misshandlungen von proeuropäischen Demonstranten zur Last gelegt werden. In Odessa standen sich der prorussische Amtsinhaber Gennadi Truchanow und der Deutsch-Ukrainer und ehemalige Microsoft-Jurist Sascha Borowik gegenüber.

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Poroschenkos Zustimmungswerte sind stark eingebrochen. Nach jüngsten Umfragen lehnen 71 Prozent der Ukrainer seine Amtsführung ab, nachdem er im Mai 2014 noch im ersten Durchgang mit 54,7 Prozent der Stimmen gewählt worden war. Viele Ukrainer leiden auch unter steigenden Lebenshaltungskosten, Steuern und Sparmaßnahmen wegen der Auflagen der internationalen Gläubiger des verschuldeten Landes.

In der Hauptstadt Kiew trat der prowestliche ehemalige Box-Star Vitali Klitschko als Bürgermeister zur Wiederwahl an. Ersten Nachwahlbefragungen zufolge zwang der Kandidat der Vaterlandspartei den Amtsinhaber in eine für Mitte November vorgesehene Stichwahl.

Die Wahllokale schlossen um 19 Uhr. Mit Ergebnissen wurde wegen des komplizierten Auszählungsverfahrens erst in einigen Tagen gerechnet. Mehr als 1500 internationale Wahlbeobachter waren vor Ort.

(lsa/AFP)
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