Kommunalwahlen Zwei Tote nach Schüssen in türkischem Wahllokal

Istanbul · Während der Kommunalwahl in der Türkei sind im ostanatolischen Malatya zwei Menschen getötet worden. Die Wahlen gelten als Stimmungstest für Präsident Erdogan. Mit ersten Ergebnissen wird am Abend gerechnet.

Eine Wahlhelferin bereitet in einem Wahllokal in Ankara Unterlagen vor.

Eine Wahlhelferin bereitet in einem Wahllokal in Ankara Unterlagen vor.

Foto: dpa/Burhan Ozbilici

Nach einem besonders aggressiven Wahlkampf durften Millionen türkische Bürger am Sonntag ihre Kommunalpolitiker wählen. Die letzten Wahllokale schlossen um 17.00 Uhr Ortszeit (16.00 Uhr MESZ). Erste Teilergebnisse wurden noch am Abend erwartet.

Die Kommunalwahl ist ein Stimmungstest für Präsident Recep Tayyip Erdogan und seine islamisch-konservative Regierung - aber nicht nur das. In der Türkei, wo es in fünf Jahren sieben Wahlen gab, soll nun bis 2023 kein Urnengang mehr stattfinden. Für die Parteien, die Kandidaten stellten, geht es nun darum, ihren Einfluss auf lokaler Ebene für eine ungewohnt lange Zeitspanne zu sichern.

Spannend wird die Auszählung in der Wirtschaftsmetropole Istanbul und der Hauptstadt Ankara: Dort sah es während des Wahlkampfes nach knappen Rennen zwischen der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP und der Mitte-Links-Oppositionspartei CHP aus. Beide Städte werden seit mehr als 20 Jahren von islamisch-konservativen Bürgermeistern regiert. Eine Niederlage wäre Aufwind für die Opposition - und ein Gesichtsverlust für Erdogan, der selbst einst Bürgermeister von Istanbul war.

Insgesamt verlief die Wahl recht ruhig. In der Osttürkei waren mehrere europäische Wahlbeobachter kurzzeitig festgehalten worden, unter ihnen zwei Italiener.

Zwei Tote gab es im ostanatolischen Malatya, wo der Nachrichtenagentur DHA zufolge zwei Gruppen in einem Wahllokal im Bezirk Pötürge aneinandergerieten. Ein Mann habe eine Pistole gezogen und zwei andere getötet. Der Chef der kleinen Oppositionspartei Saadet, Temel Karamollaoglu, schrieb auf Twitter, die Opfer seien Wahlbeobachter seiner Partei. Bei der Kommunalwahl von 2014 waren laut Innenministerium noch zwölf Menschen ums Leben gekommen.

Außerdem gab es Berichte über Prügeleien und Messerstechereien. Das Innenministerium zählte bis zum Nachmittag Ortszeit 310 „Vorfälle“. Oppositionelle Medien wie Bianet oder Dokuz8Haber berichteten von Unregelmäßigkeiten; das Ausmaß der Wahlmanipulationen war aber nicht unmittelbar absehbar. Im Osten, wo die pro-kurdische Oppositionspartei HDP besonders stark ist, standen Sicherheitskräfte vielerorts gleich neben den Urnen. Laut Wahlgesetz dürfen sich Sicherheitskräfte nur auf Anfrage hin in direkter Umgebung der Urnen aufhalten. Ein dpa-Reporter berichtete aus der Stadt Diyarbakir, dass in einer Schule, die als Wahllokal dient, Polizisten an den Türen der Klassenräume postiert waren, in denen die Wähler ihre Stimme abgaben.

Die Grünen-Politikerin Margit Stumpp, die in der osttürkischen Stadt Diyarbakir zur Wahlbeobachtung unterwegs war, sagte, HDP-Abgeordnete hätten ihr von großen Diskrepanzen in den Wählerregistern erzählt.

Rund 57 Millionen Türken waren landesweit aufgerufen, Bürgermeister, Gemeinderäte und andere Kommunalpolitiker zu wählen. Die Abstimmung fand in allen 81 Provinzen gleichzeitig statt.

(jco/dpa)
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