Lieferkettengesetz soll Geschäfte moralischer machen Kobalt bedeutet Kinderarbeit

Kinshasa/Neu Delhi · Der Abbau des wichtigen Rostoffs oder die Textilproduktion in Asien erfolgen häufig unter fragwürdigen Umständen. Ein Gesetz soll das jetzt ändern.

 Kinder arbeiten auf der undatierten Aufnahme von Amnesty International in einer Kobaltmine im Kongo. 

Kinder arbeiten auf der undatierten Aufnahme von Amnesty International in einer Kobaltmine im Kongo. 

Foto: dpa/Thomas Coombes

(dpa) Willy Kitobo hat eine klare Vision. Der kongolesische Bergbauminister will erreichen, dass Umwelt und Gesellschaft beim Abbau von Rohstoffen in dem zentralafrikanischen Staat nicht mehr zerstört werden. „Wir haben zuvor gesehen, dass Ausländer die Bodenschätze ausbeuten und dabei das Ökosystem zerstören“, sagte er und betonte: „Wir wollen, dass nur unter würdigen Bedingungen abgebaute Mineralien zertifiziert und im Namen des Kongos ins Ausland verkauft werden.“

So werden nun die für die Elektromobilität wichtigen Kobaltminen im Lande in einen Kodex eingebunden, der über ein Zertifizierungssystem diese negativen Bedingungen eindämmen soll. Der Kongo ist ein Beispiel für eine Problematik, die in Deutschland über das geplante nationale Lieferkettengesetz den Druck auf internationale Akteure zum nachhaltigen Produzieren verstärken soll. Denn der Kleinbergbau geht dort oft mit prekären Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit, großen Umweltrisiken und der Finanzierung militärischer Konflikte einher.

Dabei können Firmen aus Deutschland und anderen Industrieländern Situationen am Anfang ihrer Lieferketten verbessern. Das hat man etwa in Bangladesch, dem nach China zweitgrößten Herstellungsland von Textilien gesehen. Vor gut sieben Jahren stürzte dort die achtgeschossige Textilfabrik Rana Plaza in knapp 90 Sekunden ein. Rund 1100 Menschen starben in den Trümmern. Das Unglück schockierte die Welt, Modefirmen fürchteten einen Kundenboykott. So unterschrieben 200 europäische Firmen ein Abkommen für Brandschutz und Gebäudesicherheit.

US-Firmen schlossen ein freiwilliges Abkommen für Arbeitersicherheit. Darauf wurden 2266 Fabriken kontrolliert, Alarmanlagen und Feuerlöscher eingebaut. Der gesetzliche Mindestlohn stieg von 5300 Taka auf 8000 Taka (gut 83 Euro) pro Monat. Doch inzwischen ist die Laufzeit der Abkommen vorbei und ein nationales Gremium aus Fabrikbesitzern, Arbeitervertretern und der Regierung hat die Aufgaben übernommen.

Von den Textilfabriken in Bangladesch laufe weiterhin viel Färbewasser kaum gereinigt in die Umwelt, in Flüsse, ins Grundwasser, sagt Forscher Mohidus Samad Khan von der Bangladesh University of Engineering and Technology. Das habe sich in den vergangenen Jahren kaum geändert. Den Modefirmen sei dies nicht so wichtig gewesen. Es brauche aber ihren Druck für eine Verbesserung.

Zudem droht die Corona-Pandemie gewisse Fortschritte wieder zunichte zu machen und Probleme zu verschärfen. In Bangladesch haben laut Gewerkschafterin Taslima Akhter mehr als 28.000 Fabrikbeschäftigte – hauptsächlich Frauen – ihre Jobs verloren, nachdem internationale Modeketten wegen der Pandemie viele Aufträge stornierten. Nach jahrelangem Rückgang scheint auch Kinderarbeit in Corona-Zeiten wieder zuzunehmen, wie Hilfsorganisationen und die Vereinten Nationen warnen. Der Friedensnobelpreisträger Kailash Satyarthi, der sich seit Jahrzehnten gegen die Ausbeutung von Kindern einsetzt, hält das deutsche Lieferkettengesetz daher für umso wichtiger.

Doch nicht jeder ist glücklich über das neue Gesetz. „Wer deutsche Unternehmen pauschal an den Pranger stellt, der leistet einen Beitrag gegen Umweltschutz und gegen die Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem afrikanischen Kontinent“, wettert etwa Stefan Liebing, der Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Er warnt vor einem Arbeitsplatzabbau durch den Rückzug deutscher Unternehmen, den skrupellose Wettbewerber ausnutzen könnten. Statt eines nationalen deutschen Gesetzes schlägt er einen Maßnahmen-Mix vor – darunter das auch von Bergbauminister Kitobo umgesetzte Zertifizierungssystem.

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