Machtkampf in der Ukraine Klitschko lehnt Kompromisse mit Janukowitsch ab

Kiew · Eine Einigung scheint in weite Ferne gerückt zu sein: Der ukrainische Oppositionsführer Vitali Klitschko sieht nach dem Polizeieinsatz in der Nacht zum Mittwoch keinen Spielraum für eine Einigung mit der Regierung mehr.

Polizei rückt auf den Unabhängigkeitsplatz vor
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"Mit dem, was vergangene Nacht passiert ist, hat Janukowitsch den Weg zu jeder Art von Kompromissen versperrt", sagte der Profiboxer am Mittwoch in Kiew. Ursprünglich seien Gespräche mit Präsident Viktor Janukowitsch geplant gewesen. Dieser wolle aber nicht mit dem Volk sprechen und verstehe nur die Sprache der Gewalt, mit der er gegen Demonstranten vorgehe.

In der Nacht zum Mittwoch waren Hundertschaften der Bereitschaftspolizei gegen Demonstranten vorgerückt. Zwar kam es nicht zu größeren Ausschreitungen, aber bei Rangeleien wurden auf beiden Seiten Menschen verletzt. In den Morgenstunden zogen sich die Polizisten zurück. Die Regierung versicherte, der Kiewer Unabhängigkeitsplatz werde nicht geräumt. Die Demonstrationen richten sich gegen die Abkehr der Ukraine von der EU und die engere Anbindung an Russland, die Janukowitsch plant.

Präsident Viktor Janukowitsch hat unterdessen zu einem nationalen Dialog aufgerufen. "Ich bin persönlich bereit, an einem solchen Runden Tisch teilzunehmen", betonte Janukowitsch am Mittwoch. Er versicherte, dass sich ein gewaltsamer Einsatz gegen Regierungsgegner nicht wiederholen werde. Zugleich verlangte der Präsident, die Opposition müsse auf "den Weg der Konfrontation und der Ultimaten" verzichten.

Die Antipoden

VIKTOR JANUKOWITSCH: Seit Anfang 2010 steht Viktor Janukowitsch an der Spitze der Ukraine. Die Opposition wirft dem bulligen Zwei-Meter-Mann vor, eine Marionette von Großindustriellen zu sein, die zu den demokratischen Prinzipien der EU so viel Distanz wie möglich wollen - und zu Russland so viel Nähe wie unbedingt nötig. Als Halbstarker saß Janukowitsch wegen eines Raubüberfalls im Gefängnis. Doch seitdem, so beteuert der 63-Jährige, habe er das Gesetz nicht mehr gebrochen.

Die von seiner Rivalin Julia Timoschenko angeführte proeuropäische Orangene Revolution machte Janukowitsch 2004 auf dem Weg ins Präsidentenamt zunächst einen Strich durch die Rechnung. Als der aus dem russischsprachigen Osten stammende Politiker es später dann doch noch an die Staatsspitze schaffte, startete er aus Sicht seiner Gegner einen "Rachefeldzug" gegen das Timoschenko-Lager.

VITALI KLITSCHKO: Als Boxweltmeister ist Vitali Klitschko weltweit bekannt. In seiner Heimat Ukraine verbinden viele Menschen mit "Dr. Eisenfaust" auch die Hoffnung auf eine weitere Westanbindung der Ex-Sowjetrepublik. Der 42-Jährige gilt als frische Kraft in einer von Korruption und persönlichen Angriffen geprägten Politszene. Den Einzug ins Parlament schaffte der Chef der Oppositionspartei Udar (Schlag) vor einem Jahr klar. 2015 will der 2,02-Meter-Hüne Präsident des zweitgrößten Flächenstaats Europas werden. Kritiker werfen Klitschko vor, kein klares politisches Konzept zu haben.

In Kiew, wo er in einem 225-Quadratmeter-Loft wohnt, kandidierte Klitschko zweimal vergeblich für das Amt des Bürgermeisters. Ob der millionenschwere Sportler seine Karriere im Ring fortsetzt, ist noch unklar. Sein Bruder Wladimir ist ebenfalls ein erfolgreicher Boxer.

(REU)
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