Marsch zur Weltklimakonferenz Tausende Demonstranten gehen in Madrid für das Klima auf die Straße

Madrid · Die internationalen Klimaproteste reißen nicht ab. Am Freitag blickte die Welt nach Madrid, wo Zehntausende für mehr Klima- und Umweltschutz demonstrierten. Auch Greta Thunberg marschierte zunächst mit - aber der Hype um sie machte ihr einen Strich durch die Rechnung.

Tausende Teilnehmer beim Klimamarsch in Madrid
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Tausende Teilnehmer beim Klimamarsch in Madrid

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Foto: AP/Bernat Armangue

Gemeinsam mit der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg und dem spanischen Filmstar Javier Bardem haben Zehntausende Menschen aus aller Welt in Madrid gegen den Klimawandel protestiert und den verantwortlichen Politikern Untätigkeit vorgeworfen. Am frühen Freitagabend startete der bunte Klimamarsch nahe dem Hauptbahnhof Atocha und zog dann über die Flaniermeile Paseo del Prado im Zentrum der spanischen Hauptstadt. Angeführt wurde er von zahlreichen Ureinwohnern aus Lateinamerika, die besonders unter der Umweltzerstörung leiden.

Die Kundgebung fand im Rahmen des 25. Weltklimagipfels statt, der am Montag gestartet war und der ursprünglich in Santiago de Chile stattfinden sollte. Wegen der dortigen Unruhen war er kurzfristig nach Madrid verlegt worden – viele Aktivisten aus dem Land reisten deshalb nach Spanien. Die Demonstranten forderten deutlich mehr Engagement im Kampf gegen die globale Erderwärmung.

Die 16-jährige Thunberg, die am Morgen unter riesigem Medienrummel mit einem Nachtzug aus Lissabon in Madrid eingetroffen war, hielt wie immer ihr Protestschild mit der schwedischen Aufschrift „Skolstrejk för klimatet“ (Schulstreik fürs Klima) im Arm. Sie musste auch bei dem Marsch von Sicherheitsbeamten vor zahlreichen Schaulustigen abgeschirmt werden. Später musste sie die Demo wegen des Drucks der Menschenmassen sogar verlassen und wurde mit einem Elektroauto zu einer großen Bühne gefahren.

„Hallo, wie geht's? Danke, dass ihr hier seid!“, sagte sie zunächst auf Spanisch unter dem Jubel der Anwesenden. Dann fügte sie auf Englisch hinzu: „Wir befinden uns mitten in einem Klimanotstand und wir müssen aus unserer Komfortzone heraustreten... Und das tun wir hier gerade!“ Die Mächtigen der Welt müssten endlich ihre Arbeit tun, forderte sie.

Eine offizielle Teilnehmerzahl gab es zunächst nicht. Medien schrieben, die von den Organisatoren genannte Zahl von einer halben Million Menschen sei aber wahrscheinlich zu hoch gegriffen.

Über Madrid kreisten Hubschrauber, ein großes Polizeiaufgebot war im Einsatz. Jedoch verlief der bunte Demonstrationszug friedlich. Menschen aller Altersklassen und aus allen Kontinenten forderten auf Plakaten, Schildern sowie mit Sprechchören, Trommeln und Tänzen, den Planeten vor der Zerstörung zu retten. Auch deutsche Spruchbanner waren zu lesen. „Paris war ein Versprechen, aber heute ist Handeln!“, hieß es unter anderem mit Blick auf die zögerliche Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, mit dem die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden soll.

„Wenn die Welt eine Bank wäre, dann hätten wir sie schon gerettet“, stand auf Plakaten, andere mahnten „Planet über Profit“, „Unser Klima macht uns krank“ oder „Morgen wird es zu spät sein!“ Ein Demonstrant hielt einen großen Globus mit einem Skelett, andere trugen in einem Sarg symbolisch die Erde zu Grabe, manche waren als Insekten verkleidet. Jedoch war die Atmosphäre entspannt, auch teilweise fröhlich. Ein Golden Retriever hatte ein Pappschild umhängen auf dem zu lesen war: „Ich möchte mehr Bäume!“ Gleichzeitig war deutlich zu spüren, wie ernst es die Bürger mit ihren Forderungen meinen.

Thunberg hatte bereits am Nachmittag bei einer Pressekonferenz mit anderen Aktivisten der Fridays-for-Future-Bewegung an die Gipfelteilnehmer appelliert, endlich handfeste Ergebnisse vorzulegen. „Ich hoffe sehr, dass die COP25 etwas Konkretes hervorbringt“, sagte sie und betonte, die Politiker der Welt müssten endlich begreifen, wie ernst die Situation sei.

Zwar werde die COP26 im nächsten Jahr als weitaus wichtigerer Klimagipfel angesehen, weil dann gemäß Pariser Klimaabkommen ambitioniertere Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung vorgelegt werden sollen. „Aber halbe Gipfeltreffen können wir uns gar nicht leisten, wir müssen jede Chance nutzen“, sagte die Schwedin, die die internationalen Proteste im August 2018 durch ihren Schulstreik angestoßen hatte.

Lange war unklar, ob sie es rechtzeitig zur Madrider Konferenz schaffen würde. Im November war sie in den USA auf einem Katamaran in See gestochen und hatte innerhalb von drei Wochen den Atlantik überquert. Thunberg nimmt keine Flugzeuge, um für die Klimakrise zu sensibilisieren.

Erst am Freitag wurde bekannt, dass trotz der Klimadebatte in Europa mehr geflogen wird denn je: 2018 wurde laut Statistikbehörde Eurostat in der Europäischen Union eine Rekordzahl von 1,1 Milliarden Fluggästen registriert. Das sei ein Anstieg um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr und um 43 Prozent seit 2010.

Bei der zweiwöchigen Klimakonferenz wird ab kommender Woche auf Ministerebene verhandelt. Dann wird sich zeigen, ob die Appelle der Demonstranten Wirkung zeigen. Aber ob die einzelnen Staaten schon in diesem Jahr ehrgeizigere Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung formulieren werden, ist mehr als fraglich.

(cka/dpa)
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