Nordkorea und China nach dem Atomtest Kim Jong Un düpiert seinen einzigen Freund

Nordkorea hat mit seinem Atomtest die internationale Gemeinschaft neuerlich gegen sich aufgebracht. Der UN-Sicherheitsrat, die Atomenergiebehörde und die Europäische Union verurteilten das Vorgehen des Regimes scharf. Diktator Kim Jong Un geht ein hohes Risiko. Er riskiert das Ende der überlebenswichtigen Freundschaft mit China.

Chronik des Streits um Nordkoreas Atomprogramm
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Foto: dpa, Jeon Heon-Kyun

Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verurteilte den Atomtest "als einen erneuten eklatanten Verstoß gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats auf das Schärfste". Der Außenminister begrüßte, dass das höchste UN-Gremium im Laufe des Dienstag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammentreten werde. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Test als "klaren und schweren Verstoß" gegen UN-Resolutionen.

Keine Rücksicht auf Chinas Bedenken

Der neue Atomtest lässt aber auch die Beziehungen zwischen Nordkorea und China auf einen Tiefpunkt fallen. Die Kluft zwischen den traditionellen Verbündeten hat sich schon seit dem Raketenstart im Dezember vergrößert. Doch der neue, junge Machthaber Kim Jong Un setzte sich auch diesmal wieder über die Bedenken seines einzigen Freundes China hinweg und zündete trotz der wiederholten Warnungen aus Peking einen nuklearen Sprengsatz. "Die Beziehungen zwischen beiden Nationen werden noch weiter in den Keller sacken", prophezeit Professor Shi Yinhong von der Volksuniversität in Peking.

"China ist in einem Dilemma", sagt der außenpolitische Experte. Einerseits will es gute Beziehungen zu Pjöngjang pflegen und die Kooperation ausbauen, um das isolierte und völlig verarmte Land zu einer Reform- und Öffnungspolitik im chinesischen Stil zu bewegen. Andererseits verschärft es den Druck auf das Regime — allerdings ohne sonderlichen Erfolg.

"China ist in einem Dilemma"

Trotzdem wird Nordkorea zunächst weiter mit mäßigender Schützenhilfe der Vetomacht China in den Vereinten Nationen rechnen können, auch wenn es am Ende den Strafmaßnahmen zustimmen dürfte, wie die Experten glauben. "Die USA, die scharfe Sanktionen fordern, werden mit China, das weniger strenge Strafmaßnahmen will, ein bisschen ringen, bevor eine Entscheidung fällt", glaubt Shi Yinhong.

In China wächst aber das Unverständnis über den störrischen Nachbarn. "China hat alles versucht, um Nordkoreas Interessen zu schützen, aber Pjöngjang weiß das offensichtlich nicht zu schätzen", sagt der Experte Sun Zhe von der Qinghua Universität. "Die Situation ist jetzt ziemlich misslich."

Ungewöhnlich kritische Töne gegenüber Nordkorea gab es in den vergangenen Wochen schon in Chinas Staatsmedien. Ein Kommentar der "Global Times", die zum Parteiorgan "Volkszeitung" gehört, forderte sogar, Nordkorea "muss einen hohen Preis zahlen", wenn es tatsächlich den nuklearen Sprengsatz testen sollte. Chinas Unterstützung für Nordkorea sollte dann verringert werden. "Pjöngjang ist wichtig für China, aber nicht so wichtig, dass es seine Grundsätze aufgibt."

Drohender Krieg auf der Halbinsel

Kein Zweifel, der neue Atomversuch wird das Krisenmanagement des neuen chinesischen Parteichefs Xi Jinping testen, der im März auf den Präsidentenstuhl aufrücken wird. Die Probleme der Nordkorea-Politik Chinas liegen nach Einschätzung ausländischer Experten aber in der Reihenfolge seiner Prioritäten: So wolle China in erster Linie einen Krieg auf der Halbinsel verhindern, an zweiter Stelle fürchte es Instabilität oder einen Zusammenbruch Nordkoreas und erst an letzter Stelle wolle es eine atomare Bewaffnung Nordkoreas verhindern.

Dabei schwindet der ohnehin geringe Einfluss, den China noch hat. Die chinesische Unterstützung für die letzten UN-Sanktionen nach dem Raketenstart hat Nordkorea erkennbar verärgert. Die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA übte seltene Kritik, die auf China und Russland abzielte: "Jene großen Länder, die verpflichtet sind, die Führung bei der Schaffung einer gerechteren Welt zu übernehmen, geben unter dem willkürlichen und selbstherrlichen Einfluss der USA ohne Zögern ihre Grundsätze auf".

"Entschiedener Widerstand"

Angesichts des Scherbenhaufens in der Nordkorea-Politik wirkte die erste Reaktion des Außenministerium in Peking auf den Atomtest auch etwas hilflos. China erklärte seinen "entschiedenen Widerstand" und forderte Nordkorea auf, sich an seine frühere Zusagen zu halten, auf eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel hinarbeiten zu wollen.
Doch davon spricht Pjöngjang schon lange nicht mehr.

Die Verhandlungen unter chinesischer Vermittlung mit Nordkorea, den USA, Südkorea, Russland und Japan über das Atomwaffenprogramm seien "längst gestorben", sagt Professor Shi Yinhong. Auch der Experte Sun Zhe sagt: "China hat das Scheitern der Gespräche erkannt." China sei am Ende seiner Bemühungen. "China hat getan, was es konnte, aber ohne Erfolg." Der Frust ist spürbar, aber ein neuer Ansatz in Chinas Nordkorea-Politik ist bislang nicht erkennbar.

(dpa/csi/das/csr)
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