Regierung bittet Nato um Hilfe Kiew: Russische Panzer sind auf dem Weg zu Rebellen

Kiew · Wenige Stunden nach dem Gespräch zwischen Russlands Präsident Wladimir Putin und seinem ukrainischen Kollegen Petro Poroschenko hat Kiew das Eindringen von bis zu hundert russischen Militärfahrzeugen ins Land vermeldet.

Ukraine: So sehen die pro-russischen Kämpfer aus
12 Bilder

Ukraine: So sehen die pro-russischen Kämpfer aus

12 Bilder

Es gebe Informationen über Panzer, Truppentransporter und Raketenwerfer, die Richtung Telmanowe führen, erklärte das Militär am Mittwoch. Die Bundesregierung forderte Putin ein Mal mehr zum Stopp der Militärhilfe für die Rebellen auf.

Noch in der Nacht zum Mittwoch hatte Poroschenko nach seinem Vier-Augen-Gespräch mit Putin im weißrussischen Minsk Hoffnung verbreitet: Er habe eine Friedensstrategie vorgelegt, und diese "wurde ausnahmslos von allen Politikern unterstützt, die in Minsk dabei waren". Er sei gar mit Putin übereingekommen, dass die Grenzschützer beider Länder "unverzüglich" Beratungen über die Schließung der Grenzen "für Söldner, Ausrüstung und Munition" aufnehmen würden, sagte er vor Journalisten.

Putin selbst bezeichnete die Krise indes als "interne Angelegenheit" der Ukraine. Moskau habe daher "kein Recht", Partei zu ergreifen oder Bedingungen für eine Waffenruhe zu stellen. Am Mittwochvormittag kam dann die Meldung über eine russische Militärkolonne auf ukrainischem Territorium. In der Erklärung des ukrainischen Militärs hieß es, die Kolonne mit Grad-Raketenwerfern rücke auf Telmanowe vor. Die Ortschaft liegt rund 80 Kilometer südlich der Separatistenhochburg Donezk und 20 Kilometer von der Grenze zu Russland entfernt.

In der offiziellen Erklärung wird nichts über Zeitpunkt und Ort mitgeteilt, an dem die Kolonne über die Grenze gefahren sein soll. Eine Militärquelle sagte der Nachrichtenagentur AFP, es gebe keinen Zweifel an der russischen Herkunft. "Es ist nicht möglich, hundert Panzer auf dem Markt in Donezk oder Lugansk zu kaufen."

Kiew wirft Russland seit Monaten vor, die Separatisten mit Kämpfern und Waffen zu unterstützen. Merkel telefonierte am Mittwoch mit Poroschenko. Merkels Sprecher Steffen Seibert sagte im Anschluss, es sei "überfällig, dass diese Grenze endlich geschützt wird, dass jede Art von militärischer Unterstützung der Separatisten über diese Grenze eingestellt wird." Dafür trage Russland "große Verantwortung". Der Strom von Waffen und Kämpfern in die Ukraine sei "ein Unding, ein schlimmer Zustand, der zur permanenten Eskalation beiträgt".

Moskau bestreitet jede Einmischung

Moskau bestreitet bislang jede direkte Einmischung, doch wurden am Montag erstmals zehn russische Fallschirmjäger im Osten der Ukraine festgenommen und identifiziert. Russische Medien berichteten überdies von der Beerdigung zweier vergangene Woche in der Ostukraine getöteter russischer Fallschirmjäger. "Führt Russland Krieg gegen die Ukraine, und wenn ja, warum?", fragte am Mittwoch das auflagenstarke Blatt "Wedomosti". "Jemand muss für die Opfer unter den russischen Soldaten die Verantwortung übernehmen."

Bei den Kämpfen zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten wurden schon mehr als 2200 Menschen getötet. Auch am Mittwoch gingen die Kämpfe weiter. Binnen 24 Stunden seien 13 Soldaten getötet worden, hieß es aus Kiew. Die Stadtverwaltung der Rebellenhochburg Donezk meldete den Tod von drei weiteren Zivilisten.

Angesichts der ausbleibenden politischen Fortschritte rief der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Mittwoch die Nato zur Hilfe. Das westliche Militärbündnis müsse auf seinem Gipfel in der kommenden Woche in Wales "Schlüsselentscheidungen" für "praktische Hilfe" für sein Land treffen, sagte er. "Wir brauchen Hilfe."

Der scheidende Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte mehreren europäischen Zeitungen, er rechne schon bald mit "mehr sichtbarer Nato-Präsenz im Osten" des Bündnisses, dem die Ukraine nicht angehört. Ein Sprecher der Allianz sagte am Mittwoch, Rasmussen habe sich dabei aber nicht auf Wünsche baltischer Nato-Mitglieder und Polens nach der Einrichtung dauerhafter Nato-Stützpunkte bezogen.

(DEU)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort