Kiew: EU-Vereinbarung in Ukraine unterzeichnet

Rheinische Post: "Es fällt schwer, nach den Bildern von Toten auf dem Maidan in der Kiew-Krise etwas Positives zu entdecken. Doch der Freitag gibt Hoffnung auf einen Ausweg. Und er gibt Hoffnung auf eine europäische Perspektive für die gebeutelte Ukraine. (...) Die Ukraine mag aus der Sicht einiger Westeuropäer russisches Randgebiet sein. In Wahrheit ist das Land geografisches Zentrum des Kontinents. Die pro-westlichen Kräfte im Westen der Ukraine sehnen sich nach unserem Europa. Hunderte Protestler und Demonstranten sind offenbar sogar bereit, für das freiheitliche europäische Wertesystem ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Europa darf diese mutigen Kämpfer nicht enttäuschen. Ein Erfolg in Kiew hätte Signalwirkung für Oppositionelle anderer osteuropäischer Zwangsregime, etwa Weißrussland. Wenn wir in Afrika europäische Interessen vertreten, dann sollten wir dies erst recht in Kiew tun."

Freie Presse: "Die drei Außenminister der Europäischen Union, unter ihnen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), haben nicht nur gute Arbeit in der Ukraine geleistet. Sie haben auch das Vorurteil eindrucksvoll widerlegt, dass die EU lediglich ein zahnloser Tiger sei. Es gibt sie also doch noch, die Einflussmöglichkeiten auf Basis der Diplomatie - wenn diese zugegebenermaßen auch reichlich spät kommen. Und auch ein Wermutstropfen bleibt, Janukowitsch und das Lager der Opposition reden noch immer nicht miteinander. Das lässt vermuten, dass internationale Vermittlung auch weiterhin nötig sein wird. Zwar sind das unterzeichnete Abkommen mit der Rückkehr zur Verfassung von 2004 und die Neuwahlen eine letzte Chance für die Menschen in der Ukraine. Man muss Janukowitsch aber nicht besonders gut kennen, um zu vermuten, dass er nur selten Zusagen einhält. Zumal er bei den Neuwahlen mit seiner Abwahl rechnen muss. Denn wenn das Sterben auf dem Maidan einen Sinn gehabt haben sollen, dann diesen: Der Tod der 77 Menschen darf für die Verantwortlichen nicht ungesühnt bleiben."

Badisches Tageblatt: "Die von Erfolg gekrönte Initiative der drei Außenminister Polens, Frankreichs und Deutschlands kommt allerdings reichlich spät. Sie zeigt, was möglich gewesen wäre, hätte die EU schon früher solchen Druck ausgeübt. Was in der östlichen Nachbarschaft geschieht, berührt Brüssel buchstäblich nur am Rande. Erst die Eskalation der Gewalt führte zum Umdenken. In Polen, der Slowakei und im Baltikum sieht das freilich anders aus: Hier verfolgte man die Entwicklung in der Ukraine schon seit langem mit Sorge und bemühte sich um Entspannung. Auf deren Erfahrungen im Umgang mit Russland kann man bauen. Aber solche Feinheiten in Europa drohen in einem Deutschland, das sich anschickt, seine Außenpolitik neu und größer und vor allem allein zu definieren, nicht mehr wahrgenommen zu werden."

Münchner Merkur: "Präsident Janukowitsch mag ein korrupter Autokrat sein, seinen moskautreuen Kurs trägt jene Hälfte des gespaltenen Landes mit, die sich nach Osten orientiert und über die wichtigsten Industriezentren verfügt. Die andere Hälfte, die von Europa träumt, hat von der EU, allen schönen Worten zum Trotz, wenig zu erwarten. Die Schulden-Gemeinschaft ist weder willens noch fähig, mit der Ukraine einen weiteren Pleitekandidaten an Bord zu holen, den sie über Wasser halten müsste. Jede Regierung in Kiew hätte also nicht nur ein zweigeteiltes Land zu einen, sie bliebe auch von Russland abhängig, das seine Folterwerkzeuge in Gestalt der Energiepreisschraube ungeniert vorzeigt. Und einen neuen Kalten Krieg werden weder Europäer noch Amerikaner wegen des Zankapfels Ukraine riskieren."

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