Katalonien-Krise Madrid übernimmt Amtsgeschäfte in Katalonien

Barcelona · Zwei Tage nach der Entmachtung der Separatisten in Katalonien übernimmt die spanische Zentralregierung die Amtsgeschäfte in der Region. Dem abgesetzten Regionalpräsident Puigdemont droht nach Medienberichten die Festnahme.

 Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy (M.) mit den Mitgliedern seine Kabinetts (Archivbild).

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy (M.) mit den Mitgliedern seine Kabinetts (Archivbild).

Foto: afp

Nach Berichten der Zeitung "El Periódico" und anderer Medien werden mehrere Staatssekretäre von Madrider Ministerien am Montag den katalanischen Regierungssitz Palau de la Generalitat aufsuchen.

Am Samstag war die katalanische Regionalregierung von Carles Puigdemont von Ministerpräsident Mariano Rajoy abgesetzt worden. Das Schicksal des 54-Jährigen ist weiterhin unklar. Nach Medienberichten könnte er ebenso wie andere ehemalige Amtsträger bald unter dem Vorwurf der Rebellion inhaftiert werden. Die Zwangsverwaltung der wirtschaftsstarken Autonomen Gemeinschaft im Nordosten des Landes soll mindestens bis zur Abhaltung der für den 21. Dezember einberufenen Neuwahlen laufen.

Der Sonntag gehörte indessen den Gegnern der Abspaltung. Bei der Demonstration in Barcelona für einen Verbleib der Katalanen in Spanien reichten die Angaben über die Teilnehmerzahl von 300.000 bis 1,3 Millionen. Viele Demonstranten forderten in Sprechchören, dass der von Madrid für abgesetzt erklärte Regionalpräsident Carles Puigdemont "ins Gefängnis" müsse.

"Die Straßen gehören nicht nur den Anhängern der Unabhängigkeit!", sagte der Arzt Alex Ramos, einer der Organisatoren der Großkundgebung und Anhänger der spanischen Sozialisten. Die Demonstranten vom Sonntag, im Schnitt offenbar älter als die vom Freitag, bejubelten jeden Hubschrauber der spanischen Polizei, der über der Menge flog. Am Freitag hingegen waren die Hubschrauber ausgebuht worden. "Katalonien, das sind wir alle!", lautete das Motto der Sonntagsdemonstration.

Puigdemont sei weiterhin der Präsident Kataloniens und werde es bleiben, schrieb der ebenfalls für abgesetzt erklärte Vizepräsident Oriol Junqueras in einem Beitrag für die katalanische Zeitung "El Punt Avui". Er unterzeichnete den Beitrag mit "Vizepräsident der Regierung Kataloniens".

Am Samstag forderte Puigdemont die Katalanen zum "demokratischen Widerstand" gegen die Zwangsverwaltung durch die Zentralregierung in Madrid auf. In einer Fernsehansprache versicherte Puigdemont ferner, er werde weiter für den Aufbau eines "freien Landes" arbeiten.

Madrid hatte nach der Unabhängigkeitserklärung die Zwangsverwaltung Kataloniens beschlossen und eingeleitet. Die spanische Vizeregierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría übernahm die Kontrolle über die Verwaltung in Katalonien. Der katalanische Polizeichef Josep Lluis Trapero wurde ebenfalls für abgesetzt erklärt.

Der belgische Einwanderungsminister Francken warf der spanischen Zentralregierung am Samstag im flämischen Sender VTM "Unterdrückung" der Katalanen vor, weil sie die Unabhängigkeitserklärung durch das Parlament in Barcelona nicht anerkenne und die Befürworter der Unabhängigkeit mit Gefängnisstrafen bedrohe.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Spanien sei es "nicht unrealistisch", dass Belgien Puigdemont Asyl gewähren könne, sagte Francken - ein Politiker aus der belgischen Region Flandern. Er gehört der Neu-Flämischen Allianz (N-VA) an, die sich für die Unabhängigkeit Flanderns von Belgien einsetzt.

Nach der Entmachtung Puigdemonts gab es keinerlei Hinweise darauf, dass dieser im Ausland Asyl beantragt hätte. Der belgische Regierungschef Charles Michel erklärte nach Angaben der Nachrichtenagentur Belga, ein Asylantrag von Puigdemont sei "absolut nicht auf der Tagesordnung". "Ich fordere Theo Francken auf, kein Öl in die Flammen zu gießen", fügte Michel hinzu. Ein Sprecher der regierenden spanischen Volkspartei (PP) bezeichnete Franckens Äußerungen aus "inakzeptabel".

Die spanische Staatsanwaltschaft bereitete gegen Puigdemont eine Klage vor, in der ihm "Rebellion" zur Last gelegt werden soll. Darauf steht eine Höchststrafe von 30 Jahren Haft.

(AFP)
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