Merkel und Putin streiten über Menschenrechte Kanzlerin kritisiert Pussy-Riot-Urteil

Moskau · Die schwierige Menschenrechtslage unter Kremlchef Putin überschattet das deutsch-russische Regierungstreffen. Kanzlerin Merkel kritisiert offen die Verurteilung von Pussy Riot. Putin zeigt sich uneinsichtig.

Der August 2012 in zehn Sätzen
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Mit deutlichen Worten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in Moskau die Repressionen gegen Oppositionelle kritisiert. "Wir fragen uns, ob das gut für die Entwicklung der russischen Gesellschaft ist oder nicht", sagte Merkel am Freitag im Kreml.

Putin wies alle Vorwürfe zurück. Nichtstaatliche Organisationen könnten nützlich sein, sagte er. Die deutsch-russischen Beziehungen gelten derzeit als angespannt. Erst vor kurzem hatte der Bundestag Merkel in einem Beschluss zu einer kritischen Haltung gegenüber Putin aufgefordert.

Putin wirft Pussy Riot Antisemitismus vor

Merkel sprach auch die international umstrittene Haftstrafe für zwei junge Frauen der kremlkritischen Punkbank Pussy Riot an. In Deutschland würde eine Protestaktion in einer Kirche zwar auch Debatten auslösen - die Sängerinnen würden aber nicht zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilt, sagte die Kanzlerin beim deutsch-russischen Diskussionsforum Petersburger Dialog.

Es war Merkels erster Besuch in Moskau seit Putins Rückkehr in den Kreml im Mai. Der russische Präsident spielte auf eine frühere Aktion von Pussy Riot an und warf der Gruppe Antisemitismus vor. "Wir beide können keine Menschen unterstützen, die antisemitische Positionen annehmen", sagte Putin zur deutschen Kanzlerin.

Zu den 14. deutsch-russischen Regierungskonsultationen begleiteten Merkel acht Minister, drei Staatssekretäre und eine Wirtschaftsdelegation. Erwartet wurden Geschäftsabschlüsse in Milliardenhöhe. Merkel und Putin sprachen auch über die Konflikte in Syrien und im Nahen Osten sowie über die deutsch-russische Zusammenarbeit im Energiesektor.

Umstrittenes Hochverratsgesetz in Kraft getreten

Sie sehe eine Reihe von Gesetzen in Russland, von denen sie nicht erkennen könne, dass sie die Freiheit der Menschen beförderten, sagte Merkel. Erst am Mittwoch war ein verschärftes Hochverratsgesetz in Kraft getreten. Damit können russische Bürger nach Ansicht von Kritikern ohne großen Aufwand als Spione beschuldigt werden. Die Kanzlerin bat Putin, ihre offenen Worte nicht als Angriff zu verstehen. "Das ist nicht destruktiv gemeint." Kritik sei vielmehr Ausdruck eines offenen Umgangs zwischen Partnern.

Putin forderte erneut mit Nachdruck die Abschaffung der Visapflicht für russische Bürger in der Europäischen Union. Sie sei ein Hemmnis für die Entwicklung der bilateralen Beziehungen. Er hoffe, dass die "deutschen Freunde" zu einer Lösung beitragen würden. Am Rande des Gipfeltreffens wollten Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) und sein Amtskollege Sergej Lawrow Visaerleichterungen vereinbaren, um den Jugendaustausch zu fördern. Von Mitte Januar an vergibt die Deutsche Botschaft in Moskau zudem erstmals Visa auch über einen externen Anbieter.

Moskau fordert seit Jahren weitgehende Reisefreiheit für seine Bürger in der EU. Brüssel lehnt dies mit dem Argument ab, Moskau müsse zuvor biometrische Pässe einführen und die organisierte Kriminalität stärker bekämpfen. Russland kritisiert diese Haltung als politisch motiviert.

(dpa)
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