NSA-Affäre Kanzleramts-Delegation im Weißen Haus erwartet

Washington/Berlin · Verzichten die USA künftig darauf, enge Verbündete wie Deutschland oder sogar Kanzlerin Merkel auszuspionieren? Die Bundesregierung will das mit einem Abkommen zwischen beiden Ländern erreichen. Offen ist, ob US-Präsident Obama der deutschen Seite entgegenkommt.

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Foto: dpa, Julian Stratenschulte

US-Geheimdienstchef James Clapper hat Spähangriffe auf ausländische Spitzenpolitiker kurz vor einem Treffen hoher deutscher und amerikanischer Beamter in Washington verteidigt. "Es ist unersetzlich für uns zu wissen, was die Länder bewegt, was ihre Politik ist", sagte der Koordinator der 16 US-Geheimdienste am Dienstag in einer Kongressanhörung in Washington. Die Absichten der politischen Führungen müssten gesammelt und analysiert werden.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war nach undementierten Berichten zum Ziel eines Spähangriffs des US-Geheimdienstes NSA geworden - ihr Handy soll jahrelang abgehört worden sein. Insgesamt soll es nach offiziell unbestätigten Berichten Spähaktionen der USA gegen 35 internationale Spitzenpolitiker gegeben haben.

Von dem Treffen im Weißen Haus in Washington erhofft sich die deutsche Seite weitere Aufklärung über die NSA-Spähaktionen, hieß es in Berlin. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa strebt die Bundesregierung mittelfristig ein bilaterales Abkommen an, bei dem die US-Seite unter anderem zusagt, auf die Ausspähung von Regierung, Behörden und diplomatischen Vertretungen zu verzichten.

Maßlose Überwachung verhindern

Ziel sei es, eine maßlose Überwachung durch US-Geheimdienste zu verhindern und den Datenschutz sowie die Privatsphäre der Bundesbürger sicherzustellen, hieß es in Berlin weiter. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates von US-Präsident Barack Obama, Caitlin Hayden, hatte der dpa das Treffen bestätigt.

Höchste Vertreter auf deutscher Seite sind der außenpolitische Berater der Bundeskanzlerin, Christoph Heusgen, sowie Geheimdienst-Koordinator Günter Heiß. Auf US-Seite nehmen laut Hayden die Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice, der Geheimdienstdirektor James Clapper sowie Obamas Antiterror-Beraterin Lisa Monaco an den Gesprächen teil.

In der kommenden Woche sollen nach Informationen aus Berlin die Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) und des Bundesnachrichtendienstes, Hans-Georg Maaßen und Gerhard Schindler, in die USA reisen, um hohe Geheimdienstvertreter zu treffen. Auch dabei soll es um Konsequenzen aus der NSA-Affäre für die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste gehen. Das BfV ist in Deutschland unter anderem für Spionageabwehr zuständig.

Spähaktionen "hilfreich"

US-Geheimdienstdirektor Clapper bestätigte zwar nicht, dass die USA Telefongespräche Merkels oder anderer Staats- und Regierungschefs abgehört hätten. Es sei aber generell "absolut" hilfreich, an solche Kommunikation zu kommen. Clapper und NSA-Chef Keith Alexander zeigten sich in der Befragung durch den Kongress überzeugt, dass auch europäische Geheimdienste die USA und deren Politiker ausspionierten.

Die "Washington Post" zitierte auf ihrer Website ungenannte US-Beamte, denen zufolge der deutsche Auslandsgeheimdienst BND 2008 die Kommunikation von mindestens 300 US-Bürgern oder in den USA lebenden Menschen ins Visier genommen habe. BND-Chef Schindler sagte der Wochenzeitung "Die Zeit": "Aus der deutschen Botschaft in Washington wird keine Fernmeldeaufklärung durchgeführt." Aus diesem Satz ist allerdings nicht zu entnehmen, dass der BND grundsätzlich keine US-Bürger abhört.

Nach Informationen der "New York Times" ist Präsident Barack Obama bereit, auf die Bespitzelung verbündeter Staats- und Regierungschefs künftig zu verzichten. Dies würde einen grundlegenden Wandel für die Arbeit des US-Geheimdienstes NSA bedeuten.

(dpa)
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