Neue Regierung wird heute vereidigt Kann Letta Italien aus der Krise führen?

Rom · Nach Monaten der politischen Lähmung steht Italien vor einem Neuanfang: Das krisengeschüttelte Land bekommt eine Regierung. Am Samstag einigte sich die linksgerichtete Demokratische Partei des designierten Ministerpräsidenten Enrico Letta mit dem Mitte-Rechts-Bündnis von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi auf die Bildung einer Koalition.

Getragen wird das neue Bündnis zudem auch von der Zentrumspartei des scheidenden Ministerpräsidenten Mario Monti. Staatspräsident Giorgio Napolitano rief die künftige Regierungskoalition zu einem engen Zusammenhalt auf.

Letta und sein neues Kabinett sollen am Sonntag in Napolitanos Dienstsitz, dem Quirinalspalast, offiziell vereidigt werden. Letta erklärte in nüchternem Ton, er sei mit der Regierungsmannschaft und ihrer Kooperationsbereitschaft zufrieden. Zwei Monate nach der Parlamentswahl war er am Mittwoch von Präsident Napolitano mit der Bildung einer breiten Koalition beauftragt worden. Angesichts der bisweilen lautstark ausgetragenen Rivalitäten der zwei großen Parteien gestaltete sich die Aufgabe jedoch schwierig.

So hatten Berlusconis Parteifreunde der konservativen PdL (Volk der Freiheit) darauf gedrungen, dass ein künftiges Regierungsprogramm auch die als populistisch kritisierte Wirtschaftsagenda des Medienmoguls berücksichtigen müsse. Damit meinte Berlusconi vor allem die Abschaffung der Grundsteuer, die als Instrument zur Regulierung des Haushaltsdefizits von seinem scheidenden Nachfolger Mario Monti eingeführt worden war.

Der moderate Brückenbauer

Nun ist Letta das politische Kunststück gelungen, ein breites Koalitionsbündnis zu schmieden. Dem 46-Jährigen eilte bereits ein Ruf als moderater Brückenbauer voraus. Zudem ist er der Neffe eines langjährigen Beraters von Berlusconi, Gianni Letta. Die familiäre Verbindung galt Beobachtern als wichtiges Element bei den Vermittlungsbemühungen zwischen den künftigen Koalitionspartnern.

Trotz seines verhältnismäßig jungen Alters blickt Letta auf eine lange politische Karriere zurück. 1998 wurde er im Alter von 32 Jahren unter dem damaligen Regierungschef Massimo D'Alma Minister für Europapolitik. Seine Kindheit verbrachte Letta in Straßburg. Derzeit lebt der studierte Jurist und dreifache Vater im Römer Stadtteil Testaccio.

Mit Bildung der neuen Regierung kehrt nun auch der umstrittene Ex-Regierungschef Berlusconi ins politische Rampenlicht zurück. Wiederholt hatte er Italiens Linke als persönliche Plage bezeichnet. "Wir haben die Regierungsbildung ausgehandelt, ohne irgendwelche Stoppschilder in die Höhe zu halten", sagte der Medienmogul nun am Samstag im Interview mit einem seiner TV-Sender. Deshalb sei die Regierungsbildung in kurzer Zeit gelungen.

Berlusconis enger Vertrauter Angelino Alfano soll in der neuen Regierung das Amt des Vize-Ministerpräsidenten und Innenministers übernehmen. Kritiker sehen den früheren Justizminister allerdings als Chefarchitekten von Gesetzen, die dem Medientycoon in seinen zahlreichen Justizskandalen geholfen haben.

Auffallend an Lettas künftigem Kabinett sind vor allem die vielen neuen Gesichter im italienischen Politbetrieb. So soll der langjährige Zentralbankbeamte Fabrizio Saccomanni den wichtigen Posten des Wirtschaftsministers bekleiden. Auch der Anteil der Frauen im künftigen Kabinett ist vergleichsweise groß. Das Außenressort geht an die frühere EU-Kommissarin Emma Bonino. Die deutschstämmige Ex-Kanutin und Olympiasiegerin Josefa Idem wurde mit dem Chefposten im Ministerium für Sport und Gleichberechtigung betraut. Und mit der aus dem Kongo stammenden Cecile Kyenge wird das erste schwarze Kabinettsmitglied in der Geschichte Italiens vereidigt: Die 48-jährige Ärztin soll an die Spitze des Ministeriums für Integration rücken.

Mit Blick auf dringende politische und wirtschaftliche Reformen in Italien rief Präsident Napolitano das neue Koalitionsbündnis derweil zu Geschlossenheit auf. Er hoffe, dass die politischen Rivalen zum Wohle des Landes zusammenarbeiten würden. "Es war und ist die einzig mögliche Regierung", fügte Napolitano hinzu. Im Interesse des Landes und Europas gebe es keinen Spielraum für Verzögerungen.

(ap/felt/das)
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