Nach Stasi-Attacke auf Merkel Kaczynski verliert vor Wahlen an Boden

Warschau (RPO). Auf der Zielgeraden des polnischen Wahlkampfs ist die nationalkonservative Partei PIS von Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski in Umfragen zurückgefallen. Nach einer Prognose des Instituts TNS OBOP, die am Freitag veröffentlich wurde, hat die PIS mit 29 Prozent einen Rückstand von zehn Punkten auf die rechtsliberale Bürgerplattform (PO) von Premierminister Donald Tusk mit 39 Prozent.

 Die Partei des polnischen Ex-Premiers Jaroslaw Kaczynski steht vor der Spaltung.

Die Partei des polnischen Ex-Premiers Jaroslaw Kaczynski steht vor der Spaltung.

Foto: AFP, AFP

In den meisten vorangegangenen Umfragen lagen beide Parteien mit je rund 30 Prozent der Stimmen Kopf an Kopf.

Ob Kaczysnkis jüngste antideutsche Wahlkampfthesen den prognostizierten Meinungsumschwung ausgelöst haben, blieb offen. Drei weitere Parteien können damit rechnen, künftig im Sejm, dem polnischen Parlament, vertreten zu sein.

Auf Rang drei in der TNS OBOP-Prognose kommt die Protestpartei des PO-Abtrünnigen Janusz Palikot. Seine "Bewegung" rangiert mit 10,3 Prozent vor der sozialistischen SLD (9,2) und der gemäßigt-konservativen Bauernpartei PSL (8,7). Bei einem solchen Ergebnis könnte Tusk seine bisherige Koalitionsregierung mit der PSL vermutlich knapp fortsetzen.

In letzten Interviews vor der ab Samstag 00.00 Uhr geltenden Wahlruhe in Polen betonten Tusk und Kaczynski nochmals ihre Positionen. Tusk verwies auf die gute Wirtschaftslage Polens, Kaczynski kündigte eine Umsetzung der seit langem von der PIS vertretenen konservativen Positionen an.

Zuletzt hatte Präsident Bronislaw Komorowski von Kaczynski eine Entschuldigung bei Bundeskanzlerin Angela Merkel gefordert, weil der PIS-Chef die Deutsche in einem Buch scharf kritisiert hatte.

Die antideutschen Angriffe von Kaczynski wurden auch von mehreren Außenministern des postkommunistischen Polen in einem gemeinsamen offenen Brief zurückgewiesen. In dem Brief wird besonders die Aussage Kaczynskis an die Adresse von Bundeskanzlerin Angela Merkel hervorgehoben, ihre Wahl sei nicht das Ergebnis zufälliger Umstände gewesen.

Polnische und deutsche Medien hatten dies als Anspielung gewertet, Merkel sei mit Hilfe der Stasi in ihr Amt gelangt. Derartige Andeutungen seien "schädlich für Polen", schreiben die sechs ehemaligen Minister Wladyslaw Bartoszewski, Andrzej Olechowski, Wlodzimierz Cimoszewicz, Dariusz Rosati und Adam Daniel Rotfeld. Einzig Anna Fotyga, die von 2006 bis 2007 Außenministerin unter Ministerpräsident Kaczynski war, unterzeichnete das Schreiben an den nationalkonservativen Politiker nicht.

(apd/csr)
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