Festnahme von Jimmy Lai China verhaftet kritischen Verleger

Hongkong · Der Hongkonger Medienmogul Jimmy Lai hatte Xi Jinping als Diktator bezeichnet. Am Montag stürmten 200 Polizisten die Redaktionsräume seiner Zeitung „Apple Daily“.

 Jimmy Lai bei der Festnahme am Montag.

Jimmy Lai bei der Festnahme am Montag.

Foto: dpa/-

Die meisten Geschäftsleute der Finanzmetropole Hongkong bleiben stumm gegenüber der Machtübernahme Chinas. Zu groß ist die Angst vor wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen. Jimmy Lai hingegen nennt stets die Dinge beim Namen: Xi Jinping bezeichnet er als Diktator, Hongkongs Protestbewegung unterstützt er mit voller Leidenschaft. Mehr noch, er zog regelmäßig in erster Reihe mit den schwarz gekleideten Aktivisten auf die Straße, die seine Enkelkinder sein könnten.

Nun wurde der Medienmogul verhaftet, genau wie zwei seiner Söhne und eine Hand voll Mitarbeiter seiner Zeitung „Apple Daily“. Vorgeworfen wird Lai eine Verschwörung mit ausländischen Mächten – ein Strafbestand auf Grundlage des umstrittenen Sicherheitsgesetzes, das Peking im Juli der Bevölkerung Hongkongs aufgezwungen hat. Auf Twitter sind dystopische Fotos der Razzia in Lais Büro zu sehen: Fast 200 Polizisten stürmen die Räumlichkeiten von „Apple Daily“.

Amnesty International wertet Lais Festnahme als Angriff auf die Pressefreiheit: „Die Anklage der Behörden – bislang ohne Erklärung – verdeutlicht, wie das vage nationale Sicherheitsgesetz dazu verwendet werden kann, um Personen mit unterschiedlichen politischen Ansichten zu verfolgen“, sagt Asien-Pazifik-Direktor Nicholas Bequelin.

Von Chinas Staatsmedien wurde Jimmy Lai seit Jahren bereits diffamiert – etwa als angeblicher Agent der CIA. Rund um die Uhr haben sie einen Fotografen vor seiner Hongkonger Villa stationiert, um mögliche Kontakte aufzudecken. Dass Pekings Propagandaorgane dem 71-Jährigen derart viel Aufmerksamkeit widmen, spricht für seine Bedeutung als führender Kopf des pro-demokratischen Lagers.

Geboren wurde er im südchinesischen Guangdong, als Zwölfjähriger floh Lai auf einem Boot vor den Kommunisten nach Hongkong. Dort schuftete er sich als Arbeiter einer Textilfabrik nach oben, gründete schließlich das erfolgreiche Modeunternehmen Giordano. Doch schon damals standen seine politischen Ambitionen dem Geschäft im Weg: Nach dem Tiananmen-Massaker 1989, als Pekings Armee die Studentenbewegung blutig niederschlug, schrieb Jimmy Lai immer wieder kritische Essays. Die Kommunistische Partei begann daraufhin, Giaordano-Zentralen im Festland zu schließen.

Lai verkaufte und investierte ins Mediengeschäft. Seine Tageszeitung „Apple Daily“ führte er vom Schmuddelblatt zum politischen Kampfblatt. Er wirbt dort offen für die Protestbewegung – sehr zum Ärger der Kommunistischen Partei Pekings. Die hat längst mit ihrem Druck dafür gesorgt, dass kein Unternehmen mehr bei ihm Werbungen schaltet, was jährlich Einbußen von über 40 Millionen Dollar bedeutet.

Jimmy Lai ist ein pragmatischer Macher-Typ mit bulliger Statue. Im Gegensatz zur jungen Generation an Hongkonger Demonstranten spürt er nach wie vor ein starkes Interesse an der Kultur seines Heimatlandes, er sieht sich als Chinese.

Trotz der Einschüchterung hielt Jimmy Lai sich nie zurück: Das nationale Sicherheitsgesetz von Peking bezeichnete er als „Todesstoß für Hongkong“. Im Juni sagte er der Nachrichtenagentur AFP, dass er „auf das Gefängnis vorbereitet“ sei. Nun droht ihm lebenslänglich.

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