Sprengstoff-Pakete Jemen - Drehscheibe des Terrors

Sanaa (RPO). Jemen - ein Land im Nahen Osten nicht viel größer als Deutschland mit über 20 Millionen Einwohnern. Ein Land, das hervorragende Bedingungen für Terroristen bietet und sie magisch anzuziehen scheint. Von dort aus planten sie den Anschlagsversuch auf ein US-Flugzeug am vergangenen Weihnachtsfest, der radikale Prediger Anwar al Aulaqi rief wiederholt zu Anschlägen gegen die USA auf, nun sollen von dort zwei Sprengstoffpakte per Luftpost verschickt worden sein. Das Land scheint die "Drehscheibe" der Al Qaida zu sein.

Oktober 2010: Terroralarm an Flughäfen in USA und Großbritannien
5 Bilder

Oktober 2010: Terroralarm an Flughäfen in USA und Großbritannien

5 Bilder

Für US-Präsident Barack Obama dürfte der Fund von mit Sprengstoff präparierten Paketen aus dem Jemen mit Adressaten in den USA nicht überraschend gewesen sein. Nur zwei Wochen vorher hatte er den Jemen als Rückzugsort des Terrornetzwerkes Al Qaida angeprangert. Al Qaida nutze den Jemen "als Drehscheibe, von der sie ihre mörderischen Vorhaben verfolgen", sagte Obama Mitte Oktober.

Der US-Präsident äußerte sich anlässlich des zehnten Jahrestags des Terrorangriffs auf das Kriegsschiff "USS Cole" im Jemen. Zu dem Sprengstoffattentat, bei dem 17 US-Soldaten starben, hatte sich Al Qaida bekannt. So gerät das arabische Land mit seinen unwegsamen Bergregionen immer stärker in den Fokus des Anti-Terror-Kampfs.

Ideale Bedingungen

Der Jemen bietet tatsächlich ideale Bedingungen für Terroristen. Seine Bergregionen eignen sich hervorragend für bewaffnete Überfälle auf staatliche Sicherheitskräfte und bieten zahlreiche natürliche Rückzugsorte. Außerdem ist die Macht der Zentralregierung durch die archaischen Stammesstrukturen beschränkt, so dass Al Qaida in einigen Gebieten des Jemen nahezu ungestört agieren kann.

Auch die Tradition spricht aus Sicht von Al Qaida für den Jemen. In der muslimischen Überlieferung heißt es, aus dem Land werde eines Tages eine "rettende Armee" kommen. Außerdem zogen in den 80er Jahren zahlreiche Jemeniten nach Afghanistan in den "Heiligen Krieg", um sich dort den Sowjettruppen entgegenzustellen.

"Schläfer" und offene Kämpfer

Von Bedeutung dürfte außerdem sein, dass der Vater von Al Qaida-Chef Osama bin Laden aus dem Jemen stammt und der Terroristenführer selbst sich dem Land stark verbunden fühlt. Der jemenitische Außenminister Abu Bakr el Kurbi wurde kürzlich mit den Worten zitiert, er vermute in seinem Land 300 bis 400 Al Qaida-Kämpfer, von denen einige offen kämpften und andere sich als "Schläfer" bereithielten.

Dass die Islamisten im Jemen eine internationale Gefahr darstellen, zeigen die von dort abgeschickten Sprengstoff-Pakete, die in der Nacht zum Freitag an Bord von Maschinen auf dem britischen Flughafen East Midlands Airport sowie in Dubai entdeckt wurden. Die Pakete waren an jüdische Einrichtungen ausgerechnet im Raum Chicago, der langjährigen Heimatstadt des US-Präsidenten, adressiert und enthielten nach Polizeiangaben und Medienberichten den hochexplosiven Sprengstoff Petn. Heimatschutzministerin Janet Napolitano sagte, das Komplott trage die Handschrift der Al Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP). Das Netzwerk war Anfang 2009 aus dem Zusammenschluss des saudi-arabischen und des jemenitischen Al Qaida-Arms hervorgegangen.

Obama sagte in einer Ansprache, von den Paketen sei eine "glaubwürdige terroristische Bedrohung" ausgegangen. Nicht weniger real war die Gefahr am 25. Dezember 2009, als der Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab versuchte, in einer US-Maschine im Landeanflug auf Detroit einen Sprengsatz zu zünden. Er hatte zuvor mehrere Monate im Jemen verbracht, wahrscheinlich in einem Ausbildungslager von Al Qaida. Bei dem Anschlagsversuch verwendete er den gleichen Sprengstoff, wie er nun gefunden wurde.

Regierung den Terror bekämpfen

Die jemenitische und die US-Regierung versicherten nach den jüngsten Vorfällen erneut, dass sie im Kampf gegen Al Qaida zusammenarbeiten. Die jemenitischen Behörden beschlagnahmten mehr als zwei Dutzend verdächtige Pakete und nahmen eine junge Frau fest, deren Handy-Nummer auf einem Paketschein für ein Sprengstoff-Päckchen gefunden wurde. Dass Sanaa aus Washingtons Sicht vorher nicht genug gegen den Terror getan hat, legen Berichte über heimliche US-Drohnenangriffe im Jemen nahe. Dem Export von Terror aus dem Jemen will Washington auf keinen Fall untätig zusehen.

(AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort