Rettung von hunderten Flüchtlingen Italienisches Schiff bringt Migranten nach Libyen

Rom · Ein italienisches Schiff hat Medienberichten zufolge im Mittelmeer gerettete Migranten zurück nach Libyen gebracht. Laut Matteo Salvini handelt es sich um mehr als 600 Menschen.

 Italiens Innenminister Matteo Salvini verteidigte die Aktion, bei der libysche Migranten zurückgebracht wurden (Archivfoto).

Italiens Innenminister Matteo Salvini verteidigte die Aktion, bei der libysche Migranten zurückgebracht wurden (Archivfoto).

Foto: dpa/Andrew Medichini

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen erklärte am Dienstag auf Twitter, die Informationen in dem Fall würden geprüft. "Libyen ist kein sicherer Hafen und diese Handlung könnte internationales Recht verletzt haben." "La Repubblica" berichtete, die Migranten hätten keine Möglichkeit gehabt, einen Asylantrag zu stellen.

Bei dem Schiff handelt es sich um ein Versorgungsschiff mit dem Namen "Asso Ventotto", das unter italienischer Flagge fährt, aber für eine libysche Offshore-Ölplattform im Einsatz ist. Nach unbestätigten Angaben aus EU-Kreisen sollen an Bord auch libysche Küstenschützer gewesen sein, weswegen das Schiff von libyschen Behörden nach Tripolis beordert worden sein soll.

Ein Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bestätigte, dass die "Asso Ventotto" nach Libyen gefahren sei. Einzelheiten zur Rettung der mehr als 100 Migranten seien aber noch unklar.

Die EU-Kommission wollte sich zu dem konkreten Fall nicht äußern und verwies auf die italienischen Behörden. Eine Sprecherin unterstrich jedoch, dass EU-Schiffe gerettete Migranten nach internationalen Regeln eigentlich nicht nach Libyen bringen dürften - selbst dann nicht, wenn der Rettungseinsatz in dem Meeresgebiet erfolge, für das Libyen seine Zuständigkeit erklärt habe.

Im Fall der Fälle müssten sich Schiffskapitäne demnach Anweisungen der libyschen Küstenwache widersetzen und selbst nach einem sicheren Hafen suchen. Nach der entsprechenden internationalen Regel ist dies ein Ort, wo das Leben der geretteten Personen nicht länger gefährdet ist und an dem zumindest Basisanforderungen in Bezug auf Verpflegung, Unterkunft und medizinische Versorgung erfüllt würden.

Diese Bedingungen seien aus Sicht der Kommission in Libyen nicht erfüllt, ergänzte die Sprecherin und verwies auf Menschenrechtsorganisationen, die immer wieder über weit verbreitete und schwere Rechtsverletzungen berichten.

Libyen hatte Ende Juni eine eigene Such- und Rettungszone eingerichtet, die sich auch auf internationale Gewässer erstreckt.
Dort ist nun die Rettungsleitstelle des Bürgerkriegslandes für die Koordination von Einsätzen zuständig und weist Schiffen einen Hafen zu. Sie kann dies aber an eine andere Leitstelle abtreten.

"Die Übertragung und stetige Ausweitung von Zuständigkeiten der Seenotrettung an die libysche Küstenwache ist skandalös. Ihre Ausstattung und Fähigkeiten sind derzeit sehr zweifelhaft", erklärte die Grünen-Fraktion im Bundestag in einer Mitteilung. Auch die "Asso Ventotto" sei völkerrechtlich verpflichtet, Gerettete in einen sicheren Hafen zu bringen. "Davon kann in Libyen nicht die Rede sein."

Kritik übte auch die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Ulla Jelpke. "Sollte dieses Vorgehen mit Wissen italienischer Behörden stattgefunden haben, dann erwarte ich eine sofortige politische Verurteilung und juristische Konsequenzen für die Verantwortlichen", teilte sie mit.

Der italienische Innenminister Matteo Salvini berichtete am Dienstag auf Facebook von 611 Migranten, die in mehreren Einsätzen von der libyschen Küstenwache gerettet und zurückgebracht wurden. Der Vize-Premier und Chef der rechten Lega stellte zugleich klar, dass die italienische Küstenwache die Einsätze weder koordiniert noch daran teilgenommen habe.

Italien war 2012 wegen der Abschiebung von im Mittelmeer geretteten Afrikanern nach Libyen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden. Mit der Rückführung habe Italien diese Menschen der Gefahr unmenschlicher Behandlung ausgesetzt, hieß es in dem EGMR-Urteil.

(mba/dpa)
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