Italiens neuer Ministerpräsident Conte kündigt massive Wende in Flüchtlingspolitik an

Rom · Giuseppe Conte, der neue italienische Ministerpräsident, hat die Flüchtlingspolitik in den Mittelpunkt seiner ersten Regierungserklärung vor dem Senat gestellt. Er erklärte am Dienstag die Einwanderungspolitik der EU für gescheitert.

 Giuseppe Conte bei seiner Rede vor dem Senat.

Giuseppe Conte bei seiner Rede vor dem Senat.

Foto: AFP/ANDREAS SOLARO

Er betonte aber gleichzeitig, Italien sei nicht rassistisch. Das Land akzeptiere seine Verantwortung, legitime Flüchtlinge willkommen zu heißen und zu integrieren.

„Wir werden dem Geschäft der Einwanderung ein Ende setzen, das unter dem Deckmantel einer vorgetäuschten Solidarität über das Maß gewachsen ist“, erklärte Conte. Italien leiste seinen Beitrag, aber die EU müsse eine größere Last übernehmen, so zum Beispiel Verhandlungen mit den Herkunftsländern der Menschen und Rückführungen derjenigen, die keinen Anspruch auf Asyl hätten.

Der neue Ministerpräsident räumte ein, dass die Regierungskoalition aus der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega einen radikalen Wandel für Italien darstelle. Wenn Populismus bedeute, dass die Politiker den Menschen zuhörten und „gegen das System“ bedeute, dass ein neues System die alten Machtprivilegien beiseite räume, „dann verdient diese Regierung diese Beschreibungen“, sagte Conte.

Di Maio und Salvini flankieren Conte bei Rede

Während seiner Rede standen der Vorsitzende der Fünf Sterne, Luigi Di Maio, und der Lega-Vorsitzende Matteo Salvini neben ihm. Beide gaben ihre Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs auf und einigten sich auf den Kompromisskandidaten Conte, um die ungewöhnliche Allianz ihrer Parteien möglich zu machen. Die Regierung wurde am Freitag vereidigt.

„Europa ist unsere Heimat“, sagte Conte. „Es ist die Heimat von uns allen.“ Als Gründungsmitglied der EU habe Italien aber das absolute Recht, bessere Vereinbarungen in den Bereichen Finanzen und Einwanderung zu fordern.

In Wirtschaftsfragen folgte der Ministerpräsident weitgehend der Agenda der Fünf Sterne, dem „Vertrag über eine Regierung der Veränderung“. Er wiederholte die Forderung nach einer Einkommenssteuer mit nur zwei Stufen, einem Grundeinkommen für arme Italiener und einem „würdigen“ Mindestlohn. Conte äußerte sich nicht dazu, wie diese teuren öffentlichen Programme finanziert werden sollen. Er forderte lediglich härtere Strafen auf Steuerhinterziehung.

Finanzierung der Milliardenausgaben unklar

Gleichzeitig will Conte das Staatsdefizit reduzieren, dafür aber keinesfalls sparen. Stattdessen will die Regierung die Wirtschaft fördern und setzt dabei auf eine nachhaltige und umweltschonende Entwicklung, eine Reduzierung der Bürokratie und eine unternehmerfreundliche Verwaltung.

Die Opposition führte am Dienstag im Senat Franco Mirabelli von der Demokratischen Partei an. Er erklärte, seine Partei könne einige der Forderung unterstützen. „Aber der Punkt ist: Wie machen Sie das? Mit welchen Mitteln?“ Mirabelli kritisierte außerdem, die Regierung widme der Bekämpfung der Mafia nicht genug Aufmerksamkeit.

Conte wurde in seiner gut einstündigen Rede im Senat vielfach unterbrochen. Geplant war noch eine Vertrauenabstimmung in der Kammer. Eine ähnliche Rede wird der neue Regierungschef am Mittwoch vor der Abgeordnetenkammer halten. Es wurde erwartet, dass beide Kammern Conte das Vertrauen aussprechen.

(felt/dpa)
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