Krawalle in Jerusalem Israel will Status Quo für Tempelberg nicht ändern

Jerusalem · Die jüngsten Konfrontationen zwischen Palästinensern und Israelis nähren die Angst vor einer neuen Gewaltspirale in Nahost. Israels Außenminister Lieberman pfeift rechte Politiker zurück.

 Die Polizei in Jerusalem hat in diesen Tagen alle Hände voll zu tun.

Die Polizei in Jerusalem hat in diesen Tagen alle Hände voll zu tun.

Foto: dpa, jwh ase

Auch nach den jüngsten Konflikten um den für Juden und Muslime heiligen Tempelberg in Jerusalem will die israelische Regierung nichts an den Zutrittsbedingungen ändern. Darüber habe Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Sicherheitskräfte unterrichtet, sagte Regierungssprecher Mark Regev am Donnerstag. Auf dem Tempelberg, der die Al-Aksa-Moschee und den Felsendom umfasst, dürfen derzeit nur Muslime beten. Juden und andere Nichtmuslime haben als Besucher nur einen beschränkten Zugang zu bestimmten Zeiten.

"Alle, die etwas anderes sagen, drücken ihre eigene Meinung und nicht die Sichtweise der Regierung aus", sagte Regev. Für Muslime ist der Tempelberg der drittheiligste Ort nach Mekka und Medina in Saudi-Arabien. Für Juden ist der Tempelberg heilig, weil dort der im Jahr 70 zerstörte zweite jüdische Tempel gestanden hatte. Die Stätte in Ostjerusalem wird von Jordanien und der islamischen Stiftung Wakf verwaltet.

Anschlag aus Wut über die Zusammenstöße

Radikale israelische Politiker hatten in den vergangenen Wochen verstärkt gefordert, dass die Beschränkungen für Juden aufgehoben werden sollten. Seitdem gibt es immer wieder Zusammenstöße zwischen Palästinensern und der Polizei sowie Anschläge.

Am Mittwoch hatte ein Kämpfer der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas sein Auto in Jerusalem in eine Menschenmenge gefahren und einen Passanten getötet, er selbst wurde von der Polizei erschossen. Seine Witwe bestätigte, ihr Mann habe aus Wut über die Zusammenstöße am Morgen zwischen Palästinensern und der Polizei auf dem Tempelberg gehandelt.

Bei einer weiteren Attacke im Westjordanland fuhr ein Palästinenser in eine Gruppe Soldaten und verletzte drei. Anschließend stellte er sich israelischen Sicherheitskräften, wie das Militär mitteilte.

Kritik an rechten Politikern

Israels Außenminister Avigdor Lieberman kritisierte am Donnerstag rechte Politiker, die einen erweiterten Zugang für Juden zum Tempelberg anmahnen, als unverantwortlich. Namen nannte er dabei nicht. "Ich glaube, diese Leute suchen billige Schlagzeilen in dieser sehr sensiblen Atmosphäre und wollen eine komplexe Situation auf zynische Weise für sich nutzen", sagte er dem Radiosender Israel Radio. Lieberman ist selbst als Hardliner bekannt und wiegelte in der Vergangenheit mit seinen Kommentaren auf, doch er hat seinen Ton gemäßigt.

Nach den jüngsten Konfrontationen auf dem Tempelberg und den Anschlägen forderten die Palästinenser den UN-Sicherheitsrat zum Eingreifen auf. Das Gremium solle von Israel einen sofortigen Stopp der Provokationen und Aufwiegelungen an heiligen muslimischen Stätten in der Stadt verlangen, hieß es in einem an den Rat adressierten Brief am Mittwoch (Ortszeit). Eine weitere Eskalation könne zu einer weiteren Krise und einer Bedrohung des Friedens im Nahen Osten führen.

Protest beim UN-Sicherheitsrat

Auch Jordanien reichte ein Protestschreiben bei dem obersten Gremium der Vereinten Nationen ein. Die jordanische UN-Botschafterin Dina Kawar hielt den israelischen Sicherheitskräften vor, Muslimen den Zugang zum Gelände verweigert und stattdessen religiöse und politische Extremisten durchgelassen zu haben. Jordanien zog bereits aus Protest gegen die Polizeiaktion seinen Botschafter aus Israel ab.

Ministerpräsident Netanjahu sagte, der jüngste Anschlag in Ostjerusalem gehe auf die fortgesetzte Anstachelung zur Gewalt durch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und dessen "Partner in der Hamas" zurück. Abbas hatte mit der Hamas eine palästinensische Einheitsregierung gegründet und zuletzt dazu aufgerufen, muslimische Heiligtümer auf dem Tempelberg - vor allem die Al-Aksa-Moschee - zu bewachen und das Eindringen von Juden zu verhindern.

(ap)
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