Brüchige Koalition löst sich auf Israel steuert auf Neuwahl zu

Jerusalem · Das Experiment ist gescheitert. Acht Parteien mit großen ideologischen Differenzen hatten sich vor einem Jahr zusammengefunden, um eine weitere Amtszeit von Benjamin Netanjahu zu verhindern. Jetzt steht dieser möglicherweise vor einem Comeback.

 Naftali Bennett führt seit Juni 2021 eine fragile Koalition aus acht Parteien, die inhaltlich wenig verbindet.

Naftali Bennett führt seit Juni 2021 eine fragile Koalition aus acht Parteien, die inhaltlich wenig verbindet.

Foto: AP/Abir Sultan

Israel steuert auf die fünfte Parlamentswahl in gut drei Jahren zu. Die Acht-Parteien-Koalition werde aufgelöst, teilte das Büro von Ministerpräsident Naftali Bennett am Montag mit. In den kommenden Tagen würden die Abgeordneten in der Knesset über die Auflösung des Parlaments abstimmen, hieß es. Israelischen Medienberichten zufolge soll das Votum kommende Woche stattfinden. Außenminister Jair Lapid soll danach geschäftsführend den Posten des Regierungschefs übernehmen. Die Neuwahl dürfte im Oktober oder November stattfinden.

Bennett führt seit Juni 2021 eine fragile Koalition aus acht Parteien, die inhaltlich wenig verbindet. Sie hatten sich nach den letzten vier Wahlen ohne klaren Sieger zusammengefunden, um eine weitere Amtszeit des langjährigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu verhindern. Teil der Vereinbarung war, dass erst Bennett von der ultrarechten Partei Jamina und danach Lapid von der gemäßigten Zukunftspartei (Jesch Atid) für zwei Jahre Regierungschef sein sollte. Erstmals war auch eine arabische Partei an einer Regierung in Israel beteiligt.

Heikle ideologische Themen wollte die Koalition weitgehend ausklammern, aber das gelang zuletzt immer weniger. Seit mehr als zwei Monaten hatte das Bündnis wegen abtrünniger Abgeordneter de facto keine Mehrheit mehr im Parlament. Vor allem in Bennetts ultrarechter Jamina-Partei gärte es, einige seiner Abgeordneten kritisierten Bennett als zu kompromissbereit. Als vor zwei Wochen eine entscheidende Abstimmung über eine Sonderregelung für jüdische Siedler im Westjordanland scheiterte, war das für viele Beobachter ein klares Signal, dass die Regierungskoalition bald endgültig Geschichte sein würde.

Die Neuwahl könnte nun den Weg für eine Rückkehr Netanjahus ebnen. Seine Likud-Partei könnte Umfragen zufolge wieder stärkste Kraft werden. Wie bei den vorangegangenen Wahlen ist aber unklar, ob es ihm oder jemand anderem gelingen kann, eine stabile, mehrheitsfähige Regierung zu bilden. Netanjahu teilte mit, die bevorstehende Auflösung der Knesset sei eine gute Nachricht für Millionen Israels. Er werde nach der Wahl eine breite nationalistische Regierung unter Führung des Likud bilden.

(csi/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort