Proteste in Tel Aviv und Jerusalem Israelis demonstrieren mit Särgen für Einigung mit der Hamas

Update | Tel Aviv/Jerusalem · Erneut haben Tausende Menschen in Israel gegen die Gaza-Politik der Netanjahu-Regierung protestiert. In Tel Aviv machten sie mit einer traurigen Aktion auf ihr Anliegen aufmerksam: Sie zogen mit Särgen durch die Stadt.

Demonstranten zeigen symbolische Särge während einer Demonstration vor dem israelischen Verteidigungsministerium.

Foto: dpa/Ilia Yefimovich

In Israel haben erneut etliche Menschen für ein Abkommen im Gaza-Krieg protestiert, um die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln zu erreichen. Mehrere israelische Medien sowie die Veranstalter berichteten von Tausenden Teilnehmern, die Zeitung „Times of Israel“ meldete rund 2.000 Demonstranten bei einer Kundgebung in der Küstenmetropole Tel Aviv.

Dort trugen Demonstranten Augenzeugen zufolge symbolisch 27 nachgebaute Särge durch die Straßen. Die Särge repräsentierten die 27 Geiseln, die am 7. Oktober von Extremisten der militant-islamistischen Hamas verschleppt und deren Leichen seitdem vom israelischen Militär im Gazastreifen geborgen wurden. Die Teilnehmer der Protestaktion schwiegen während ihres Marsches und schlugen eine Glocke. Zuletzt waren sechs israelische Geiseln in einem Tunnel getötet worden, kurz bevor israelische Soldaten bei ihnen eintrafen.

Israelische Medien meldeten Zusammenstöße mit der Polizei, als Menschen versuchten, eine Schnellstraße in Tel Aviv zu blockieren. Auch in Jerusalem protestierten Medien zufolge Hunderte. Die Kundgebungen richteten sich auch erneut gegen die israelische Regierung.

Es ist der sechste Tag infolge, an dem Menschen in Israel für ein Abkommen mit der Hamas zur Beendigung des Kriegs sowie der Freilassung der 101 im Gazastreifen verbliebenen Entführten aufrufen. Am Wochenende hatte die Armee den Fund von sechs Geisel-Leichen verkündet. Israelischen Angaben zufolge wurden sie in der vergangenen Woche aus nächster Nähe erschossen.

Hunderttausende zogen daraufhin landesweit am Sonntagabend auf die Straßen. Seit Samstag gab es in Israel jeden Tag Proteste.

Angehörige der Geiseln warfen Netanjahu in einer öffentlichen Erklärung vor, eine Einigung zu blockieren und möglicherweise das Leben ihrer Verwandten zu opfern. „Dies ist die letzte Chance“, skandierten die Demonstranten am Abend in Tel Aviv. Zuvor hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dem US-Sender Fox News gesagt, es sei kein Deal in Sicht. Die US-Regierung hatte am Mittwoch hingegen mitgeteilt, 90 Prozent des Abkommens seien vereinbart.

Der Cousin einer Frau, deren Leiche am Wochenende aus dem Gaza geholt wurde, sagte auf der Kundgebung in Tel Aviv nach Angaben des Forums der Geiselfamilien: „Es gab 327 Tage, um sie zurückzuholen, und jede Gelegenheit wurde verpasst.“ Wenn die Führung kein Abkommen unterzeichnen wolle, würden die Demonstranten sie dazu bringen.

(peng/sku/dpa)