Tumulte im israelischen Parlament Knesset bestätigt Netanjahu im Amt

Jerusalem · Netanjahu bleibt Ministerpräsident Israels. Die Knesset bestätigte den Konservativen mit knapper Mehrheit im Amt. Während seiner Rede spielten sich im Parlament tumultartige Szenen ab. Drei Abgeordnete wurden des Saales verwiesen.

Das ist Israels Regierungskoalition 2015
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Foto: dpa

Das israelische Parlament hat die neue Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit hauchdünner Mehrheit bestätigt. In einer Sitzung mit tumultartigen Szenen votierten am Donnerstagabend 61 der 120 Mitglieder der Knesset für die neue rechts-religiöse Koalition, 59 stimmten dagegen. Die Zahl der Ja-Stimmen entsprach damit genau der Anzahl der Abgeordneten von Netanjahus Koalition.

"Wir werden unsere Sicherheit schützen und nach Frieden streben", sagte Netanjahu in der Parlamentssitzung. Die Opposition brach daraufhin in lautes Gelächter aus, mehrere arabische Israelis auf den Abgeordnetenbänken machten ihrem Ärger mit Zwischenrufen Luft. Drei von ihnen wurden des Saales verwiesen.

Oppositionschef Jizchak Herzog wies Spekulationen über eine Regierungsbeteiligung seiner Arbeitspartei scharf zurück. "Kein anständiger Chef würde bei diesem Zirkus mitmachen, den Sie im letzten Moment mit einer äußerst knappen Mehrheit gebildet haben nur mit dem Ziel, Ihre Herrschaft fortzusetzen", sagte Herzog an Netanjahu gerichtet.

Benjamin Netanjahu – Israels Ministerpräsident
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Die Bestätigung und Vereidigung des neuen Kabinetts in der Knesset war am Donnerstag kurzfristig auf den späteren Abend verschoben worden, weil sich in der Likud-Fraktion das Gerangel um einflussreiche Posten hinzog. Verteidigungsminister Mosche Jaalon durfte seinen Posten behalten, Verkehrsminister Jisrael Katz ebenso. Er übernimmt außerdem das Geheimdienst-Ressort von Juval Steinitz, der Energieminister und Beauftragter für den Konflikt mit dem Iran wird. Zum Innenminister wurde im letzten Moment Silvan Schalom bestimmt, der Likud-Hardliner Danni Danon wird Wissenschaftsminister.

Der wegen Korruption vorbestrafte Chef der Schas-Partei, Arje Deri, wird Wirtschaftsminister. Das Außenministerium will Netanjahu selbst leiten, ebenso das Kommunikationsministerium.

Die neue Koalition gilt als fragil, weil sie bei Misstrauensvoten auf jeden einzelnen Abgeordneten des Regierungslagers angewiesen ist. Die 34. israelische Regierung rückte zudem deutlich nach rechts gegenüber der Mitte-rechts-Koalition, die im Dezember nach nur 20 Monaten zerbrochen war.

Obwohl Netanjahus konservative Likudpartei bei der vorgezogenen Parlamentswahl Mitte März überraschend deutlich mit 30 Mandaten als Sieger abschnitt, erwies sich sein Ziel, eine Regierung ausschließlich aus Parteien des rechten Lagers und der ultraorthodoxen Juden zu bilden, als schwierig. Der Ministerpräsident musste am Ende der sechswöchigen Frist zur Regierungsbildung viele Zugeständnisse machen, auch bei der Vergabe von Schlüsselministerien an die Koalitionspartner.

An Einfluss gewann dabei insbesondere die nationalreligiöse Partei Jüdisches Heim, die einen Palästinenserstaat an der Seite Israels grundsätzlich ablehnt und vor allem die Interessen der israelischen Siedler im besetzten Westjordanland vertritt. Diese Entwicklung dürfte die stark angespannten Beziehungen zur Palästinenserführung weiter verschlechtern und auch Israels Verhältnis zu seinen westlichen Verbündeten weiter belasten.

Die vage gehaltenen Leitlinien des neuen Regierungsprogramms zielen vor allem auf die Senkung der hohen Lebenshaltungskosten und auf verstärkten Wettbewerb in der Binnenwirtschaft. Das Bemühen um eine Zwei-Staaten-Lösung zur Lösung des Nahostkonflikts wird nicht als Ziel genannt.

Merkel trifft Netanjahu in Berlin
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Zum Dauerkonflikt im Nahen Osten heißt es im Regierungsprogamm lediglich, die Regierung werde "danach streben, ein Friedensabkommen mit den Palästinensern und allen unseren Nachbarn zu erreichen, wobei Israels Sicherheit und seine historischen und nationalen Interessen aufrechterhalten werden".

Am Abend vor der Wahl hatte Netanjahu mit dem Versprechen um Stimmen geworben, in seiner Amtszeit werde es keinen Palästinenserstaat geben, was in Ramallah, Washington und den europäischen Hauptstädten starkes Missfallen erzeugte.

US-Präsident Barack Obama bekräftigte am Donnerstag (Ortszeit) seine Forderung nach einem Palästinenserstaat. Auch wenn einige in der neuen israelischen Regierung dagegen seien, glaube er "weiter, dass eine Zwei-Staaten-Lösung absolut entscheidend ist nicht nur für den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern, sondern für Israels langfristige Sicherheit als demokratischer und jüdischer Staat", sagte Obama bei einer Pressekonferenz in Camp David.

(AFP)
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