Terrormiliz IS reklamiert tödliche Schüsse in Toronto für sich

Toronto · Am Sonntag hat ein Mann in Toronto zwei Menschen erschossen und 13 weitere verletzt. Die Terrormiliz Islamischer Staat reklamiert die Tat für sich. Die Polizei sieht dafür aber derzeit keine Hinweise.

Zur Erinnerung an die Opfer haben Passanten Botschaften an einer Baustelle hinterlassen.

Zur Erinnerung an die Opfer haben Passanten Botschaften an einer Baustelle hinterlassen.

Foto: dpa/Mark Blinch

Über sein Propaganda-Sprachrohr Amaq ließ der Islamische Staat (IS) am Mittwoch verbreiten, „einer der Soldaten des Islamischen Staates" habe den Angriff am Sonntag in der kanadischen Metropole verübt. Bei der Schießerei waren ein zehnjähriges Mädchen, eine 18-jährige Frau und schließlich der Angreifer selbst getötet worden. 13 weitere Menschen wurden verletzt.

Der Täter sei einem Aufruf des IS gefolgt, „Angehörige von Ländern der Koalition zu treffen“, hieß es weiter bei Amaq. Die Echtheit der Nachricht ließ sich zunächst nicht überprüfen. Sie wurde aber über die üblichen Kanäle des IS im Internet verbreitet. Kanada gehört zu der internationalen Koalition, die in Syrien und Irak die IS-Terrormiliz bekämpft.

Die kanadische Polizei hat aber eigenen Angaben zufolge keine Hinweise auf eine Mitwirkung des IS an der Tat. Polizeisprecherin Meaghan Gray sagte, "zum derzeitigen Stand" lägen keine Belege vor, die die Aussagen der Dschihadistenmiliz stützen würden. Die Behörden ermittelten weiterhin "in alle Richtungen", sagte Gray.

Die kanadische Polizei hatte am Montag den Schützen als den 29-jährigen Faisal Hussain identifiziert und erklärt, das Motiv für seine Tat sei noch unklar. Nach Angaben seiner Familie litt er seit seiner Kindheit an „ernsten psychischen Problemen“, die er trotz Medikamenten und Therapien nicht in den Griff bekommen habe. „Wir sind am Boden zerstört, dass unser Sohn für diese sinnlose Gewalt und diese Todesopfer verantwortlich war", erklärte die Familie in einem Brief an den Sender CBC.

Der Mann hatte am Sonntagabend (Ortszeit) auf der Danforth Avenue im griechischen Viertel von Toronto mehrfach um sich geschossen und das Mädchen und die junge Frau getötet. Danach lieferte er sich einen Schusswechsel mit der Polizei, trat die Flucht an und wurde schließlich tot auf der Danforth Avenue aufgefunden. Ob er sich das Leben nahm oder erschossen wurde, blieb zunächst unklar.

Toronto war erst im April von einer Amokfahrt erschüttert worden, bei der ein Mann einen Lieferwagen mit voller Geschwindigkeit auf den Gehsteig der belebten Yonge-Street in der Innentadt lenkte. Zehn Menschen wurden getötet und mehr als ein Dutzend weitere verletzt. Zum Tatmotiv hieß es damals, der Mann habe möglicherweise aus Hass gegen Frauen gehandelt.

Im Dezember 2017 warnten die kanadischen Behörden in ihrem Jahresbericht zur "terroristischen Bedrohung in Kanada" vor möglichen Angriffen "gewalttätiger Extremisten". Zudem verzeichnen sie eine Zunahme von Gewalt, die vor allem auf bewaffnete Gangs zurückgeht. Zwischen dem 1. Januar und dem 14. Juli 2018 gab es allein in Toronto - mit 2,6 Millionen Einwohnern Kanadas größte Stadt - amtlichen Statistiken zufolge 220 Schießereien mit 27 Toten.

(wer/das/dpa/AFP/AP)
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