Der Terror kehrt nach Nordirland zurück Irische Extremisten bekennen sich

Düsseldorf (RPO). Nordirland gerät offenbar zwischen die Fronten eines Krieges von Splittergruppen der Irisch Republikanischen Armee IRA. Eine Organisation namens "Continuity IRA" hat sich zu dem tödlichen Anschlag auf einen Polizisten am Montagabend bekannt. Erst 48 Stunden zuvor waren Soldaten Opfer eines kaltblütigen Anschlags einer anderen Gruppierung namens "Real IRA" geworden. Das Land sieht sich mit der Rückkehr des Terrors konfrontiert.

Nordirland: Tödlicher Anschlag auf Polizisten
7 Bilder

Nordirland: Tödlicher Anschlag auf Polizisten

7 Bilder

"So lange es britische Einmischung in Irland gibt, werden diese Angriffe weiter gehen", erklärte die Continuity IRA (Fortdauernde IRA) nach Angaben der Nachrichtenagentur Press Association am Dienstag in einem verschlüsselten Bekennerschreiben. Der Polizist war am Montagabend in der Kleinstadt Craigavon südlich von Belfast aus nächster Nähe erschossen worden.

Die Ortschaft ist konfessionell geteilt. Offiziellen Angaben zufolge war der Polizist mit Kollegen auf Streife in einem vor allem von Katholiken bewohnten Viertel unterwegs.

Erst am Samstag waren bei einem Anschlag auf eine britische Kaserne in Nordirland zwei Soldaten getötet worden. Zu dem Attentat hatte sich die Splittergruppe "Real IRA" (Echte IRA) bekannt. Für einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Anschlägen gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine echten Anhaltspunkte. Offenbar handelt es sich um rivalisierende Splittergruppen.

Das Land ist immer noch geteilt

Die Continuity IRA ist wie die Real IRA eine Splittergruppe der IRA, die sich nicht an den vereinbarten Waffenstillstand halten will. Die Polizei appellierte besonders an die katholische Bevölkerung in Nordirland, Hinweise auf die Täter zu liefern. Es werde sicher schwierig werden, die Täter zu finden, wenn deren Nachbarn nicht kooperierten, erklärte der Polizist Derek Williamson, der die Ermittlungen zu dem Anschlag auf die Soldaten leitet. Anhänger der IRA-Splittergruppe Real IRA versteckten die Täter vermutlich irgendwo in einem der katholischen Bezirke.

Williamson versprach, die Polizei werde alles tun, um die zu schützen, die ihr Schweigen brächen. Die Fronten zwischen Katholiken und Protestanten sind in Nordirland aber immer noch so verhärtet, dass dies eher unwahrscheinlich ist.

Nur keinen Rückfall

In Nordirland wächst nun die Sorge vor einem Wiederaufflammen der Gewalt. Der langjährige Nordirland-Konflikt war seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 weitgehend beendet. Im Regionalparlament Stormont arbeiten ehemalige Feinde zusammen, die eine gemeinsame Regierung aus pro-irischen Katholiken und pro-britischen Protestanten gebildet haben.

Politik und Zivilgesellschaft hatten sich nach dem ersten Anschlag bereits einhellig für den Friedensprozess ausgesprochen. Und die Anschläge verurteilt. Großbritanniens Premierminister Gordon Brown sagte, die Täter seien "Mörder", die den politischen Prozess in der Provinz stören wollten. Es werde jedoch "keinen Rückfall in alte Zeiten geben". Die Bevölkerung Nordirlands wolle keine "Rückkehr der Waffen auf die Straßen".

Ein zartes Pflänzchen

Brown und die politische Führung in Belfast versuchen so, mögliche politische Komplikationen im nordirischen Friedensprozess zu verhindern. Tatsächlich jedoch ist die gefeierte Aussöhnung in Ulster noch ein zartes Pflänzchen. Ein Ausbruch der Terrorgewalt könnte es leicht zum Umknicken bringen.

Der Mord an Soldaten sei eine "falsche und kontraproduktive Aktion" gewesen, warnte eindringlich Gerry Adams, der Chef der republikanisch- irischen Partei Sinn Fein, die als politischer Arm der IRA gilt. Die Terroristen hätten weder "öffentliche Unterstützung noch eine Strategie", kritisiert er düster. Mit seiner Aussage, der Terror habe im Land keine breite Basis mehr, hat er wohl recht. Doch ob der Terror wirklich planlos erfolgt, ist fraglich.

Die Real IRA ist gefährlich

Das gilt zumindest für die ultrarepublikanische Real IRA, die sich 1997 vom IRA-Nachfolger PIRA (Provisorische Irisch-Republikanische Armee) abgespalten hatte. Sie beschränkte sich nach ihrem verheerenden Bombenattentat von Omagh 1998 (29 Tote und 220 Verletzte) größtenteils darauf, katholische Polizeioffiziere zu bedrohen. Im vergangenen Monat hatte die Gruppe jedoch eine Autobombe mit 150 Kilogramm Sprengstoff unweit einer Armeekaserne stehen lassen. Sie wurde noch rechtzeitig entschärft. Terrorismusexperten rechnen damit, dass die Hardliner der Real IRA sich durch eine neue Welle von Attentaten als die führende Widerstandskraft gegen die britische "Okkupation" profilieren wollen.

Die Motive könnten im wirtschaftlichen Bereich liegen, denn die IRA und ihre Splitterorganisationen sind in millionenschwere Schmuggelgeschäfte mit der Republik Irland verwickelt. Nach einer anderen Theorie ist der Anschlag auf den Stützpunkt Massereene eine Reaktion der Terroristen auf die öffentlich angekündigten Pläne des nordirischen Polizeichefs Sir Hugh Orde, hunderte Agenten im Untergrund gegen die Republikaner einzusetzen.

mit Agenturmaterial

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort