Sicherheitskonferenz in München Iran schürt die Angst vor Wettrüsten mit Atomwaffen

München (RP). Die Hoffnungen wurden enttäuscht: Der iranische Außenminister Manutschehr Mottaki isolierte sich bei der Münchener Sicherheitskonferenz mit Äußerungen zu Demokratie und Menschenrechten. Auch sonst bot das Treffen eher Anlass zu Besorgnis ­- tief sind die Gräben zwischen den Nationen.

Offizielle und inoffizielle Atommächte
Infos

Offizielle und inoffizielle Atommächte

Infos
Foto: ddp

So erschreckend die Uneinigkeit der 50 Nationen bei anderen Themen auch war ­ in Sachen Iran herrschte auf der Sicherheitskonferenz in München praktisch Einigkeit: Ratlosigkeit und Empörung galten dem Regime, dessen Außenminister Manutschehr Mottaki mit seinem Auftritt die gesamte Konferenz brüskierte. Mehr noch ­gestern wies Präsident Mahmud Ahmadinedschad seine Atombehörde an, mit der Produktion von hoch angereichertem Iran im Inland zu beginnen. Der Westen habe ein neues Spiel begonnen, deswegen habe er den Schritt angeordnet.

Die Hoffnungen auf eine Beilegung des Atomstreits waren groß gewesen, als Mottaki überraschend zu den 300 hochrangigen Teilnehmern in München stieß. Doch das kurzfristig nachts angesetzte Gespräch unter dem Titel "Nachtulenrunde” im Hotel "Bayerischer Hof” scheiterte kläglich: Mottaki sagte ausschweifend nichts und isolierte sich endgültig, als er vom schwedischen Außenminister Carl Bildt auf die jüngsten Teheraner Todesurteile gegen Regimekritiker angesprochen wurde. Der Iran sei ein demokratisches Land, Härte zeige die Regierung nur gegenüber Verbrechern, antwortete Mottaki, während sich der Saal leerte.

Daraufhin hagelte es herbe Kritik. Guttenberg sprach von einem "enttäuschenden Auftritt mit vielen rhetorischen Finessen” und einem "Spiel auf Zeit”. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte eindringlich vor einer atomaren Rüstung des Iran: "In den nächsten zehn Jahren wird dann ein Staat nach dem anderen in der Region zu Atomwaffen greifen.” Teheran müsse endlich handeln: "Unsere Hand bleibt ausgestreckt, aber bisher greift sie ins Leere.”

Noch deutlicher wurde US-Senator Joe Lieberman, der Teheran unverhohlen mit dem Säbel drohte: "Wir müssen uns entscheiden: Entweder für harte Wirtschaftssanktionen, damit die Diplomatie funktioniert, oder wir stehen vor militärischem Eingreifen.”

Zum Abschluss des international wichtigsten "privaten” Treffens zur Außen- und Verteidigungspolitik stand gestern das Afghanistan-Problem im Mittelpunkt. Präsident Hamid Karsai kündigte die Einführung der Wehrpflicht in Afghanistan an. In fünf Jahren wolle das Land selbst für seine Sicherheit sorgen und damit "nicht länger eine Last auf den Schultern der Weltgemeinschaft sein”.

"Wir reden zu viel und erreichen zu wenig”: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenbergs Schelte in Richtung Nato hätte auch als Überschrift über dieser Tagung stehen können. Denn wer den offiziellen Reden und der Diskussion lauschte, der musste erschrecken über die tiefen Gräben zwischen den Nationen. Afghanistan war dabei noch der harmloseste Problemfall: Immerhin hat sich international sehr breit die Erkenntnis durchgesetzt, dort endlich gemeinsam handeln zu müssen.

Guttenberg und Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen warben darüber hinaus in München intensiv um die Unterstützung Chinas und Indiens. Die Russen wurden gebeten, der Allianz bei Hubschraubern zu helfen. Denkbar sei zum Beispiel die Ausbildung afghanischer Piloten an den meist russischen Helikoptertypen und die Lieferung von Ersatzteilen.

Besorgniserregend wirkten in München zudem die Bruchlinien zwischen Russland und den USA, zwischen den osteuropäischen Staaten und Russland sowie zwischen den USA und China. Der russische Außenminister Sergej Lawrow stellte die Nato-Osterweiterung als Bedrohung dar: Der Westen betreibe Sicherheitspolitik "auf Kosten Russlands”. Es müsse aber endlich einen gesamteuropäischen Ansatz geben, "kein Europa der Einflusszonen”.

Auf die Frage nach einer Nato-Mitgliedschaft Russlands sagte Lawrow verbittert, diese Frage stelle sich Moskau nicht, weil die Nato-Mitglieder dies ohnehin nicht wünschten. Osteuropäer wie der ukrainische Außenminister Petro Poroschenko verdeutlichten dagegen ihre Angst vor der neu erstarkenden russischen Militärmacht.

Höflich, aber selbstbewusst ging unteressen der chinesische Außenminister Yang Jiechi auf Distanz zu Washington: Die angekündigte Militärlieferung an Taiwan bedeute eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas und verletze frühere chinesisch-amerikanische Abmachungen, sagte Yang. Peking habe deshalb "das Recht auf Gegenmaßnahmen”.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort