Schauprozess in Teheran Iran fordert Todesstrafe für Regierungskritiker

Teheran (RPO). Die iranische Justiz hat allen internationalen Protesten zum Trotz prominente Regierungskritiker vor Gericht gestellt. Der Vorwurf: Sie sollen die jüngsten Unruhen und Proteste nach der Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad angezettelt haben. Der Staatsanwalt fordert die Todesstrafe.

 Der frühere Vize-Geheimdienstchef Said Hadscharian sagt aus im Schauprozess von Teheran.

Der frühere Vize-Geheimdienstchef Said Hadscharian sagt aus im Schauprozess von Teheran.

Foto: FARS NEWS AGENCY, AFP

Zu den Beschuldigten gehört auch der frühere Vize-Geheimdienstchef Said Hadscharian, der nunmehr als ein Architekt der Reformbewegung im Iran gilt und seit einem Attentat im Jahr 2000 behindert ist. Die Staatsanwaltschaft fordert für ihn die Höchststrafe. Bei einer Verurteilung wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit wäre dies die Todesstrafe.

Hadscharian ließ am Dienstag vor Gericht erklären, dass er viele große Fehler während der Wahl begangen habe. So habe er ungenaue Analysen präsentiert. Er entschuldige sich dafür bei der iranischen Nation, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Fars. Zudem kündigte Hadscharian laut Irna an, aus der Oppositionspartei Moscharekat auszutreten.

Unter den Angeklagten sind auch eine Reihe ehemaliger Regierungsvertreter, darunter der frühere Vize-Außenminister Mohsen Aminsadeh und der ehemalige stellvertretende Innenminister Mostafa Tadschsadeh. Sie hatten ihre Ämter hauptsächlich während der Präsidentschaft des Reformers Mohammad Chatami zwischen 1997 und 2005 inne. Heute gehören sie meist Moscharekat an, deren Internetseite den Prozess als Teil eines "ekelhaften Szenarios" bezeichnet. Die Opposition um den unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mirhossein Mussawi wirft den Behörden Wahlbetrug zugunsten Ahmadinedschads vor.

Analysten zufolge dient der Prozess dazu, die Opposition zu schwächen und die Straßenproteste endgültig zu beenden.

Die Islamische Republik hat in diesem Monat bereits in drei Massenprozessen mehr als 100 Leute wegen der Wahlproteste vor Gericht gestellt. Urteilssprüche hat es bisher nicht gegeben. Den angeklagten Regierungskritikern wird unter anderem Gefährdung der nationalen Sicherheit zur Last gelegt. Nach iranischem Recht steht darauf die Todesstrafe. Westliche Regierungen und Menschenrechtsgruppen haben die Prozesse wiederholt verurteilt.

Bei den Unruhen nach der Wahl wurden nach Angaben der Opposition 69 Menschen getötet und Hunderte verhaftet. Einige Gefangene wurden nach Darstellung der Regierungsgegner im Gefängnis vergewaltigt. Mussawi wirft der Regierung vor, dass die Geständnisse einiger Angeklagter erzwungen wurden.

Unterdessen droht Ahmadinedschad möglicherweise erheblicher Widerstand im Parlament. Laut der reformorientierten Zeitung "Etemad" blieben viele Abgeordnete einer Feier des konservativen Staatschefs fern. Von 290 eingeladenen Parlamentariern seien nur 20 erschienen. Dies sei ein Zeichen für die Enttäuschung, die die Nominierung des neuen Kabinetts bei ihnen hervorgerufen habe, zitierte das Blatt nicht näher genannte Abgeordnete.

(RTR/pst)
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