Überraschende Entscheidung Iran: Erstmals Frauen bei Präsidentenwahl zugelassen

Teheran (rpo). Völlig überraschend hat der Wächterrat im Iran seine Haltung geändert und erstmals seit 26 Jahren auch Frauen zur Präsidentschaftswahl im Juni zugelassen. Dieser Punkt in der iranischen Verfassung war schon immer Auslegungssache, wurde bisher aber zum Nachteil der iranischen Frauen interpretiert.

"Wenn sie über die erforderliche Qualifikation verfügen, können sich auch Frauen um die Präsidentschaft bewerben", sagte der Sprecher des konservativen Gremiums, Gholamhossein Elham, einem Bericht des staatlichen Fernsehens zufolge. In den vergangenen 26 Jahren seit der Islamischen Revolution 1979 hatte der Wächterrat die Kandidatur von Frauen für das Präsidentenamt stets untersagt.

Jetzt änderte der Rat jedoch seine bisherige Interpretation der in dieser Hinsicht zweideutigen iranischen Verfassung. Darin heißt es, der Präsident müsse aus der Gruppe politischer "Ridschal" gewählt werden. Das arabische Wort "Ridschal" kann Mann, im obigen Zusammenhang aber auch einfach politische Persönlichkeit bedeuten. Das Wort "Ridschal" sei hier nicht geschlechtsspezifisch, sagte Elham dem Fernsehbericht zufolge.

Der iranische Politikwissenschaftler Said Lejlas vermutet, dass der Wächterrat sich wegen der jüngsten Spekulationen über einen US-Angriff auf den Iran zu einer demokratischen Geste gezwungen sah. "Die Herrschenden wollen im Juni eine möglichst hohe Wahlbeteiligung, um der Welt zu zeigen, dass der Iran eine Demokratie ist. Und Frauen als Kandidatinnen zuzulassen wird natürlich mehr Leute motivieren, an der Wahl teilzunehmen." Ähnlich äußerte sich der iranische Professor Davud Hermidas Bavand. Eine hohe Wahlbeteiligung "wird es für Washington schwerer machen, den Iran anzugreifen", sagte er der Nachrichtenagentur AP.

Die bislang ranghöchste iranische Politikerin ist die amtierende Vizepräsidentin Masumeh Ebtekar. Sie war 1997 von Präsident Mohammed Chatami eingesetzt worden; praktisch ist ihr Rang aber niedriger als der eines Ministers. Über die Nachfolge Chatamis, der nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit nicht noch einmal antreten kann, sollen die Wähler am 17. Juni entscheiden.

(ap)
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