Golfregion Irak will von den Iran-Sanktionen profitieren

Basra · Die Hafenstadt Basra könnte zur Drehscheibe für den internationalen Handel mit dem Iran werden. Auch deutsche Unternehmen werden erwartet.

Die neue Brücke über den Schatt al Arab führt schnurgerade in den Iran. Die Idee für ihren Bau war es, die über Jahrzehnte verfeindeten Nachbarstaaten Iran und Irak näher zusammenzubringen. Zu viel Blut ist geflossen am Zusammenfluss von Euphrat und Tigris. Acht Jahre lang: von 1980 bis 1988. Über eine Million Soldatenleben hat der Krieg damals gekostet, und die Wunden saßen bis zum Sturz Saddam Husseins 2003 tief. Inzwischen ist der iranische Einfluss in Basra, der Ölmetropole am Schatt al Arab, nicht mehr wegzudenken.

Die Märkte der Drei-Millionen-Stadt, der zweitgrößten Iraks, quellen über vor Produkten aus dem Iran, die Frauen kleiden sich wie die des Nachbarlandes und Farsi, das Persische, hört man oft. Doch das Wichtigste aus dem Iran ist Strom. Für eine bessere Elektrizitätsversorgung sind Tausende in den Sommermonaten auf die Straße gegangen. Basra ist auf Energie aus dem Nachbarland angewiesen, und wegen unbezahlter Rechnungen hatte Teheran dem Irak den Strom abgedreht. Doch jetzt fließt er wieder, die Schulden sind bezahlt. Dies alles zeigt, wie sehr der Irak und vor allem Basra mit dem Iran verwoben sind.

Doch jüngst in Kraft getretenen Sanktionen der USA gegen das Ajatollah-Regime sollen damit eigentlich Schluss machen.„Maximaler Druck heißt maximaler Druck“, sagte US-Außenminister Mike Pompeo, als er die Strafmaßnahmen ankündigte. Im Fokus steht der Öl- und Bankensektor  – Washington will das lukrative Ölgeschäft des Iran komplett zum Erliegen bringen. Unternehmen und Länder, die weiter mit dem Iran Ölgeschäfte machen, müssen mit Strafen rechnen, indem sie vom US-Markt ausgeschlossen werden. 

Die Europäer wollen sich davon nicht beirren lassen, obwohl Konzerne wie Siemens und auch der französische Ölmulti Total sich bereits aus dem Iran zurückgezogen haben. Trotzdem haben die Beauftragte der Europäischen Union für Außenpolitik, Federica Mogherini, der französische, britische und deutsche Außenminister sowie die Finanzminister der drei Länder kurz vor Inkrafttreten der Sanktionen eine gemeinsam erklärt, europäische Unternehmen, die weiter in Geschäftsbeziehungen mit Iran stünden, würden der EU geschützt. Das kommt Experten zufolge vor allem mittelständischen Unternehmen zugute, die keine bedeutendes USA-Geschäft haben. Eine Zweckgesellschaft soll geschaffen werden, die europäische Exporteure und Importeure in die Lage versetzen soll, weiter legitimen Handel mit Iran zu betreiben.

Dafür bringt sich Basra derzeit in Stellung. Denn buchstäblich in letzter Minute verlautete aus Washington, dass acht Länder von den Strafmaßnahmen ausgenommen werden sollen. Dazu gehört auch der Irak. Solange die Geschäfte zwischen Iran und Irak nicht in US-Dollar abgewickelt würden, werden die Strafmaßnahmen im Irak nicht greifen, heißt es aus der Umgebung von US-Sicherheitsberater John Bolton. Irak und Iran haben prompt vereinbart, künftig in Euro zu handeln.

Und da keine Stadt im Irak näher an Iran liegt als Basra, wird es nicht lange dauern, bis hier der Handel mit dem blüht. Allerdings, so Mohammed al Sady, Präsident der gleichnamigen Unternehmensgruppe, sei Basra derzeit noch schlecht aufgestellt. Es gebe zu wenig Lager- und Kühlkapazitäten, um etwa die Ladungen aus den Golfstaaten Richtung Iran über Basra abzuwickeln. Der nächstgelegene Hafen, Khor al Zubair, ist 30 Kilometer entfernt und nicht für schwere Containerschiffe ausgerüstet. Gleichwohl glaubt der ehemalige Vorsitzende der deutsch-irakischen Handelskammer, dass vor allem deutsche Unternehmen über den Irak im Iran arbeiten werden. Der Deutsch-Iraker sieht dadurch eine große Chance auf den Irak zukommen. Anzeichen dafür gibt es: Auf der unlängst zu Ende gegangenen Industriemesse in Bagdad war der deutsche Pavillon ausgebucht. 

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