31-Jähriger von Terrormiliz IS enthauptet Steven Sotloff — ein "kluger und engagierter" US-Journalist

Bagdad/Washington · Es ist genau zwei Wochen her, dass die Terrormiliz IS den US-Journalisten James Foley enthauptete. Nun ist ein weiteres Video aufgetaucht, das die Enthauptung seines Kollegen Steven Sotloff zeigt. Ein Reporter, der sich der Gefahr, der er bei seinen Berichten aus dem Mittleren Osten ausgesetzt war, durchaus bewusst war. Ein Reporter, den Kollegen als klug und engagiert bezeichnen.

Der US-Journalist Steven Sotloff
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Schon vor zwei Wochen, als sie Foley enthaupteten, hatten die IS-Terroristen damit gedroht, Sotloff zu ermorden, falls die USA sich weiter in den irakischen Konflikt einmische. In dem nun aufgetauchten Video, das vor ähnlicher Kulisse aufgenommen wurde wie die erste Enthauptung, sagt ein maskierter IS-Kämpfer: "Ich bin zurück, Obama, und ich bin zurück wegen Ihrer arroganten Außenpolitik gegen den Islamischen Staat." Inzwischen hat ein US-Regierungssprecher die Echtheit des Videos bestätigt.

Wie Foley spricht auch Sotloff im orangefarbenen Overall in die Kamera. Offensichtlich unter Druck gesetzt, spricht er kritische Worte in Richtung US-Regierung, welche unter anderem die "New York Daily News" dokumentieren. Er spricht unter anderem davon, dass der US-Präsident die Amerikaner angesichts seiner Außenpolitik ins Feuer führe.

Als freischaffender Reporter in Krisengebieten

Der US-Journalist James Foley
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Der US-Journalist James Foley

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Noch vor einer Woche hatte die Mutter Sotloffs ebenfalls in einem Video um Gnade für ihren Sohn gebeten. "Er ist ein ehrenwerter Mann und hat immer versucht, den Schwachen zu helfen", sagte sie darin. Zudem habe er Verständnis für das Leiden der Muslime und über die Unterdrückung der Menschen im Nahen Osten berichten wollen. Ein Appell, der offenbar ungehört blieb. Ein Sprecher der Familie erklärte, dass sich die Sotloffs das Video angesehen hätten und im Stillen trauerten. Einen öffentlichen Kommentar wollten sie nicht abgeben.

So hatten sie es auch nach der Entführung ihres Sohnes gehalten, als er im August 2013 im Norden Syriens verschwand — aus Angst, sein Leben könne noch mehr in Gefahr sein, wenn sie sich an die Öffentlichkeit wendeten. Syrien war nur ein Land im Mittleren Osten, das der Reporter in den vergangenen Jahren bereist hatte, um auf die Notlage der Menschen aufmerksam zu machen. Für Magazine wie "Time", "Foreign Policy" und "Christian Science Monitor" schrieb er etwa über die Krisenherde in Syrien, Afghanistan oder eben auch den Irak.

So schreibt "Foreign Policy", dass er sich in einem Artikel aus dem Dezember 2012 damit beschäftigt habe, wie sich der Bürgerkrieg in Syrien auf die Zivilbevölkerung in Aleppo auswirke. In einem anderen, der im Januar 2013 veröffentlicht wurde, schrieb er über die tausenden syrischen Flüchtlinge, die in einer Zeltstadt untergekommen waren. Auch die Journalistin Janine di Giovanni kann sich gut an den Journalisten erinnern.

Isis/IS - Islamischer Staat im Irak und Syrien
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Isis/IS - Islamischer Staat im Irak und Syrien

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Foto: dpa, sdt moa

"Er ging immer wieder zurück"

Am 22. September beschäftigt sie sich in einem Artikel für "Newsweek" sowohl mit James Foley als auch mit Steven Sotloff. Sie beschreibt den 31-Jährigen aus Florida als einen "lustigen und mutigen jungen Journalisten". "Ich sah Sotloff zuletzt irgendwo in Syrien im Jahr 2012. Wir saßen in einem dunklen Raum ohne Elektrizität im Haus eines syrischen Kommandeurs, der bald darauf ermordet wurde."

Sie alle hätten versucht, im Lichte von Taschenlampen zu arbeiten, während die Akkus ihrer Rechner schon fast den Geist aufgaben. Es habe nichts zu essen gegeben, es sei kalt gewesen und ringsumher seien Kriegsgeräusche zu hören gewesen. "Aber in dieser grimmigen Atmosphäre scherzte Sotloff mit einem Kollegen — er versuchte, die Spielergebnisse der amerikanischen Football-Mannschaften zu erfahren. Weil es das ist, was wir machen, wenn wir uns in schlimmen Situationen befinden. Wir müssen uns Scherze erzählen, um bei Verstand zu bleiben."

IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi - der unsichtbare Scheich
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Di Giovanni beschreibt Sotloff, der fließend arabisch gesprochen haben soll, als einen klugen und engagierten Journalisten, der einer der wenigen freischaffenden Journalisten war, der das Gefühl hatte, in Libyen bleiben zu müssen (dort lebte er), um weiter zu berichten. Auch das "Time"-Magazin beschreibt ihn in einem Statement als einen "geschätzten Mitarbeiter". "Er gab sein Leben dafür, dass die Leser Informationen aus einigen der gefährlichsten Plätze der Welt bekamen."

Dass seine Arbeit gefährlich war, war Sotloff nach Berichten von Freunden und Bekannten durchaus bewusst. Die "New York Times" zitiert Emerson Lotzia Jr., einen ehemaligen Zimmergenossen aus College-Zeiten, mit den Worten: "Eine Million Menschen konnten ihm sagen, dass das, was er mache, tollkühn sei, so wie es für uns Außenstehende aussah. Aber für ihn war es das, was er liebte, und du konntest ihn nicht aufhalten." Sotloff sei ängstlich über das gewesen, was dort passiere. "Es war gefährlich. Es war nicht sicher, dort zu sein. Er wusste es. Er ging immer wieder zurück."

(das)
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