Reisten mit Delegation von Düsseldorf aus Irakische Behörden halten mindestens drei Journalisten in Erbil fest

Düsseldorf/Hamburg/Erbil · Irakische Sicherheitsbehörden haben nach Angaben der Gewerkschaft Verdi mehrere Journalisten festgesetzt. Sie waren mit der Delegation unterwegs, deren Mitglieder von der Bundespolizei bereits in Düsseldorf über Stunden festgesetzt worden waren.

 Cansu Özdemir (Die Linke), Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete, gehörte zu der Delegation, die am Düsseldorfer Flughafen festgehalten wurde. (Archivbild)

Cansu Özdemir (Die Linke), Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete, gehörte zu der Delegation, die am Düsseldorfer Flughafen festgehalten wurde. (Archivbild)

Foto: dpa/Carsten Koall

Die Bundespolizei hat am Samstag am Düsseldorfer Flughafen 15 Mitgliedern einer „Friedensdelegation“ die Ausreise in die kurdischen Autonomiegebiete im Irak verboten. Nach Angaben der Linkspartei wollte sich die Delegation im Nordirak über die seit Wochen andauernden Militäraktionen der Türkei informieren und auf die „völkerrechtswidrigen Angriffe“ aufmerksam machen. Die Gruppe wollte nach Erbil fliegen, in die Hauptstadt der Region.

Vier Mitgliedern wurde kein Verbot erteilt, allerdings verpassten sie den Flug. Darunter war auch die Vorsitzende der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Cansu Özdemir.

Die Linkspartei forderte Aufklärung von der Bundesregierung. „Es kann nicht sein, dass Politikerinnen und Politiker, die ihre Rechte wahrnehmen, auf diese Weise in ihrer Arbeit behindert werden“, erklärte der Bundesgeschäftsführer der Linken, Jörg Schindler, laut einer Mitteilung.

Nach den bisherigen Informationen dürften die Maßnahmen der Bundespolizei rechts- beziehungsweise verfassungswidrig gewesen sein, erklärte Hamburgs Parlamentspräsidentin Carola Veit (SPD). Sowohl nach dem Grundgesetz als auch nach der Verfassung der Hansestadt dürfen Abgeordnete während der Dauer ihres Mandats weder verhaftet noch in sonstiger Weise in ihrer Freiheit und in der Ausübung ihres Mandats behindert werden. Veit kündigte an, dass sich „mit Sicherheit“ auch das parlamentarische Kontrollgremium in Hamburg mit dem Vorgang beschäftigen werde.

Die Bundespolizei sah laut einem von Özdemir geposteten Foto einer „Ausreiseuntersagung“ einen Zusammenhang zwischen Informationen deutscher Sicherheitsbehörden über eine „menschliches Schutzschild“ genannte Aktion PKK-naher kurdischer Vereine und der geplanten Reise. „Dazu sollten ab Anfang Juni Personen in Gruppen in die kurdischen Gebiete einreisen, um von dort aus die Krisenregion zu erreichen“, heißt es in dem Papier, das nach Angaben von Özdemir gleichlautend an alle 15 Mitglieder ausgehändigt wurde. Eine Sprecherin der Bundespolizei äußerte sich nicht zu dem Papier.

„Es ist völliger Quatsch, was da drin steht“, sagte Özdemir der Deutschen Presse-Agentur. Sie habe bei der Reise unter anderem das Flüchtlingslager Machmur besuchen und den deutschen Generalkonsul treffen wollen.

Eine Sprecherin der Bundespolizei nannte als Anlass für die „grenzpolizeiliche Befragung“, „dass wir nicht ausschließen konnten, dass von Personen dieser Gruppe Gefährdungen ausgehen könnten, die die Sicherheitsbelange der Bundesrepublik Deutschland im Ausland nachhaltig schädigen könnten“. Nähere Angaben zu den Ausreiseverboten machte die Bundespolizei nicht.

Sabine Boeddinghaus, ebenfalls Fraktionsvorsitzende der Hamburger Linksfraktion, erklärte: „Wir sind fassungslos darüber, dass deutsche Sicherheitsbehörden eine politische Delegation mit gewählten Abgeordneten wie Schwerkriminelle behandeln und an der Ausreise hindern - ohne nachvollziehbare Rechtsgrundlage.“ Boeddinghaus sprach von einer „Freiheitsberaubung im Dienste Erdogans“.

Die Bundespolizei erklärte, dass Özdemir sich zunächst nicht als Abgeordnete zu erkennen gegeben habe. Özdemir widersprach. „Ich habe den Beamten mindestens dreimal gesagt, dass ich Abgeordnete bin“, sagte sie dem „Hamburger Abendblatt“.

Im gleichen Zusammenhang soll es auch im Irak Festsetzungen gegeben haben. „Was wir wissen ist, dass mindestens drei Journalist*innen direkt nach ihrer Ankunft in Erbil festgesetzt wurden“, erklärte die Hamburger Landesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in Verdi. Unbekannt sei jedoch, wie es ihnen gehe, was ihnen vorgeworfen werde, wann sie freikämen und welche Rolle deutsche Behörden in dieser Angelegenheit spielten.

Nach Angaben der Linkspartei wurde eine bereits zuvor in Erbil eingetroffene Gruppe vor Ort ausgewiesen. Darunter hätten sich das Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses Hakan Tas sowie Mitglieder des Jugendverbands Linksjugend Solid befunden.

Die türkische Regierung und die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK bekämpfen sich seit Jahrzehnten. Die PKK gilt in der Türkei, Europa und den USA als Terrororganisation. Der seit 1984 andauernde Konflikt kostete zehntausende Menschen das Leben. Seit dem Scheitern eines Waffenstillstands im Sommer 2015 fliegt das türkische Militär wieder regelmäßig Angriffe gegen die PKK im Nordirak und in der Südosttürkei. Die PKK wiederum verübt Anschläge.

(lha/dpa)
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