Syrische Kinder berichten von Folter "Ich sah zu, wie er starb"

Beirut · Es sind Zeugenberichte über Gewalt, Misshandlungen und Folter - an syrischen Kindern. In Gesprächen mit einer Hilfsorganisation erzählen Flüchtlingskinder ihre persönliche Geschichte.

Syrische Kinder mitten im Krieg
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Sie haben Schreckliches erlebt, das sie ein Leben lang nicht vergessen werden: Kinder in Syrien werden inhaftiert, gefoltert oder als menschliche Schutzschilde missbraucht.
Das geht aus Zeugenberichten hervor, die die britische Hilfsorganisation "Save the Children" am Dienstag veröffentlichte.

Die meisten der befragten Flüchtlingskinder seien traumatisiert, hätten Albträume oder Depressionen. Einige berichteten, sie seien während ihrer Inhaftierung mit Elektroschocks misshandelt worden. Ihre Zellen hätten sie sich mit verwesenden Leichen teilen müssen.

So erzählte etwa der 16-Jährige Wael, ein Sechsjähriger sei vor seinen Augen gestorben. Zuvor sei der Junge gefoltert worden und habe hungern müssen. "Ich sah zu, wie er starb. Er überlebte nur drei Tage, dann starb er einfach. Er hatte die ganze Zeit schreckliche Angst."

"Sie hängten mich an den Handgelenken auf"

Der 15-Jährige Chalid berichtete: "Sie hängten mich an meinen Handgelenken an die Decke, meine Füße waren über der Erde, und dann wurde ich geschlagen. Wir sollten reden, irgendetwas gestehen." Die neunjährige Nur erzählt: "Es gab nichts, was sie nicht benutzten, um uns zu verletzen." Sie ist für ihr Leben gezeichnet: "Ich spiele nicht. Warum? Weil ich nicht mehr jung bin."

Auch Hassan hat den Schrecken mitansehen müssen: "Sie nehmen Kinder und stellen sie vor sich. Sie machen sich einen Schutzschild aus Kindern", erzählt der 14-Jährige. "Ich habe es mit eigenen Augen gesehen." Die Kinder in Syrien benötigten Hilfe, sagt er. "Sie brauchen Hilfe, weil man sie foltert, bombardiert, auf sie schießt."

Nahezu jedes der befragten Kinder hat in dem bereits 18 Monate andauernden Syrien-Konflikt ein Familienmitglied verloren. "Kein Kind sollte je die Gräuel sehen, die unseren Mitarbeitern täglich vor Ort geschildert werden", sagte Justin Forsyth, ein Vertreter der Organisation, nach einem Besuch syrischer Flüchtlingslager in Jordanien. "Es sind Geschichten von Folter, Mord und Terror."

Syrien-Sonderbeauftragter: "Lage extrem schlecht"

Kathrin Wieland, Geschäftsführerin von "Save the Children Deutschland", mahnte: "Das Morden in Syrien muss sofort gestoppt werden, damit nicht noch mehr Kinder leiden müssen."

Erst am Montag hatte der neue Syrien-Sonderbeauftragte Lakhdar Brahimi die Lage in dem Land als extrem schlecht bezeichnet. Er räumte ein, noch kein fertiges Konzept zur Lösung der Krise zu haben. Allein am Montag waren in Syrien mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen, vor allem in der Hauptstadt Damaskus und in Aleppo.

Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hatte Syrien bereits die Folter von Kindern vorgeworfen. In einem Bericht hieß es Anfang Juli, Regimegegner würden in möglicherweise Tausenden von Gefängnissen gefoltert. Es gebe aber auch Belege für die Gewalt an Kindern. "Das jüngste Folteropfer, mit dem wir gesprochen haben, war ein elfjähriger Junge", hatte der HRW-Deutschland-Direktor Wenzel Michalski bei der Veröffentlichung des Berichts gesagt.

Zu den Foltermethoden gehörten das Ausreißen von Fingernägeln, das Aufhängen an der Decke über mehrere Stunden sowie das Übergießen von Gefangenen mit Batteriesäure oder heißem Wasser, hieß es. In dem Bericht war zunächst nur von 27 Foltergefängnissen die Rede. Die Dunkelziffer sei weit höher. "Wir gehen von Tausenden (Foltergefängnissen) aus", so Michalski damals.

(dpa)
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