Fotograf Guttenfelder erzählt über seine Arbeit in Nordkorea "Ich dachte: Wow, das ist wirklich Leben hier"

Seoul · Wenn es in den Nachrichten um Nordkorea geht, dann meist um die Drohgebärden in Richtung Süden oder USA. Nur selten bekommt die westliche Welt Einblicke in den Alltag der Menschen dort. Einer, der das versucht zu vermitteln, ist der Fotograf David Guttenfelder. In einem Film zu einer Preisverleihung erzählt er nun auch über seine Arbeit dort.

So sieht der Alltag in Nordkoreas Kliniken aus
13 Bilder

So sieht der Alltag in Nordkoreas Kliniken aus

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Als einer von wenigen westlichen Journalisten darf David Guttenfelder nach Nordkorea reisen. Der Amerikaner ist seit 2001 mehr als 20 Mal in das Land gereist. Seine Bilder dokumentieren den Alltag in dem abgeschotteten Land. Und genau diese Motive sind es, die sie oft so beeindruckend machen. Für seine Arbeit ist der Chef-Fotograf der Nachrichtenagentur AP in Asien vor wenigen Tagen erneut ausgezeichnet worden — mit dem Infinity Award des International Center of Photography. In einem Film anlässlich der Ehrung erzählt Guttenfelder, wie seine Arbeit in dem Land überhaupt vonstatten geht.

Erstmals sei er dort gewesen, als die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright zu Gast in Nordkorea war. Es habe total irreal gewirkt, als der damalige Herrscher Kim Jong Il den Saal betreten habe, erzählt er in dem Film. Als sie dann in einer Schule gewesen seien und die Kinder stramm in einer Reihe gestanden hätten, sei da plötzlich dieser kleine Junge gewesen, der ihn anschaute und seine Finger wie eine Brille vor die Augen hielt. "Das war das erste Mal, dass ich dachte: Wow, das ist wirkliches Leben hier."

Und genau dieses Leben, den Alltag der Menschen versucht der Fotograf seither darzustellen. Leere Straßen, Menschen, die an Bushaltestellen warten, spielende Kinder sind einige seiner Motive. Die Menschen dort, so erzählt Guttenfelder, fragten ihn dann manchmal, warum er solche Bilder mache. Und er versuche zu erklären, dass solche Dinge ja alle Menschen auf der Welt machten. "Es ist immer hilfreich, wenn man das Leben anderer Menschen sieht und sich vorstellen kann, dass es das eigene ist", sagt er. "Die Menschen wissen nichts über das Land, weil nichts nach außen dringt."

Fotografien über die "realen Momente im Leben"

So erzählt er über ein Foto, dass er von einem Vater und seiner Tochter auf einer Rolltreppe gemacht habe, über den Moment, als der Vater die Tochter liebevoll an den Armen in die Höhe hebt. Viele hätten gedacht, dieses Bild sei gestellt, sagt er und fügt hinzu: "Ist es wirklich so schwer zu begreifen, dass jemand in Nordkorea seine Tochter liebt, mit ihr Schuhe oder Haustiere kauft?"

Solche Reaktionen sind es wohl auch, die Guttenfelder dazu veranlassen, immer wieder den Alltag, die "realen Momente im Leben der Menschen", wie er sagt, zu zeigen. Eine Hand habe ihm noch nie jemand vor die Linse gehalten, und auch kontrolliere das Regime in Pjöngjang nicht seine Bilder vor der Veröffentlichung. Allerdings habe er nie die Chance gehabt, die Atomanlagen zu besichtigen oder den neuen Staatschef Kim Jong Un zu treffen.

Doch eines habe er auch gemerkt über all die Jahre: "Jedesmal, wenn ich dorthin gekommen bin, hat sich das Land ein bisschen mehr geöffnet." So wurde plötzlich Ausländern gestattet, ihre Telefone mit ins Land zu bringen und er konnte via mobilem Internet direkt Fotos auf Instagram posten. Ein Luxus, den die Nordkoreaner selbst nicht haben, wie Guttenfelder auch sagt. Ihnen blieben nur die Informationen aus den staatlichen Medien, einen Internetzugang hätten sie nicht.

(das)
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