Parlamentswahlen in Frankreich Hollandes Lager gewinnt die erste Runde

Paris · Bei den Parlamentswahlen in Frankreich liegen die linken Parteien klar vorne. Die Sozialisten um Präsident Hollande legten auf 35 Prozent zu. Doch ob es zusammen mit den Verbündeten für die erhoffte absolute Mehrheit reicht, bleibt fraglich. Für Hollande steht viel auf dem Spiel.

Mai 2012: Frankreichs neuer Präsident Francois Hollande wird vereidigt
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Die PS kann nun hoffen, im zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag auf mindestens 275 Mandate zu kommen. Zusammen mit möglichen Koalitionspartnern wie den Grünen, die den Hochrechnungen zufolge auf 12 bis 16 Sitze kommen, würde dies klar für die absolute Mehrheit reichen. Das Linksbündnis Front de Gauche kann mit 13 bis 18 der insgesamt 577 Abgeordnetenplätze rechnen.

Die konservativ-rechte UMP-Partei des am 6. Mai abgewählten Präsidenten Nicolas Sarkozy kam demnach mit landesweit rund 35 Prozent auf ein ähnliches Ergebnis wie die PS. Mangels geeigneter Koalitionspartner droht ihr nun aber die Oppositionsbank. Die Union für eine Volksbewegung (UMP), die zuletzt ganz auf Sarkozy zugeschnitten war, hielt bislang die Mehrheit in der ersten Parlamentskammer. Nach seiner Wahlniederlage zog Sarkozy sich allerdings aus der Politik zurück.

Historischer Umbruch möglich

Sollte es wie erwartet eine neue Mehrheit in der Nationalversammlung geben, könnte die französische Linke nahezu ungehindert die Politik der zweitgrößten EU-Volkswirtschaft bestimmen. Es wäre zudem das erste Mal, dass in Frankreich eine linke Partei den Präsidenten stellt und zugleich die Mehrheit in beiden Parlamentskammern hat. Im Senat hat die französische Linke bereits seit dem vergangenen Jahr eine Mehrheit.

Hollande will unter anderem eine umfassende Steuerreform einleiten, bei der Spitzenverdiener und Finanzinstitute deutlich stärker belastet werden sollen. Weitere Projekte sind die Einführung der Homo-Ehe und Änderungen an der Rentengesetzgebung. Das Rentenalter für sehr früh ins Arbeitsleben gestartete Franzosen wurde bereits per Dekret wieder von 62 auf 60 Jahre gesenkt.

Le Pen triumphiert in ihrem Wahlkreis

UMP-Chef Jean-François Copé sprach am Abend von einer "großen Verunsicherung" der Franzosen, die sich bei der Wahl manifestiert habe. Harlem Désir, die Nummer zwei der PS, freute sich dagegen ebenso wie Parteichefin Martine Aubry über ein "exzellentes Ergebnis". Beide riefen zur verstärkten Mobilisierung für die zweite Wahlrunde am nächsten Sonntag auf. Grünenchefin Cécile Duflot äußerte sich ebenfalls zufrieden mit dem Wahlausgang.

Stark schnitt am Sonntag erneut die Front National (FN) um die Rechtspopulistin Marine Le Pen ab. Ihre Wahlplattform Rassemblement bleu Marine (Marine-blaue Allianz) holte nach Hochrechnungen landesweit 13 bis 14 Prozent der Stimmen. Le Pen selbst erzielte im nordfranzösischen Hénin-Beaumont einen Wahlerfolg. Linksfront-Chef Jean-Luc Mélenchon, der dort gegen sie angetreten war, gab sich noch am Wahlabend geschlagen. "Leider hat es nicht gereicht (...) Sie wird in der Stichwahl sein, nicht ich", sagte er vor laufenden TV-Kameras.

Die 43-jährige Parteichefin der Front National erzielte 42,36 Prozent und übertraf damit noch deutlich ihr Ergebnis aus der ersten Runde der Präsidentschaftswahl. Sie tritt in der Stichwahl am nächsten Sonntag gegen den sozialistischen Kandidaten Philippe Kemel an, der auf 23,5 Prozent kam. Mélenchon war eigens in Hénin-Beaumont angetreten, um Le Pen zu stoppen. Er schied mit 21,48 Prozent aus.

Konservative attestieren Hollande eine Schlappe

Weil die Front National keine Verbündeten hat, werden ihr lediglich Chancen auf eine Handvoll Sitze eingeräumt - bisher stellten die Rechtsextremisten keine Abgeordneten. Nach Hochrechnungen kann die FN sich Hoffnungen auf höchstens drei Mandate machen. In Frankreich gilt das absolute Mehrheitswahlrecht, das kleine Parteien ohne Bündnispartner stark benachteiligt. PS-Chefin Martine Aubry betonte im TV-Sender France-2, dass sie in der zweiten Wahlrunde alles tun werde, um einen Wahlerfolg der Le-Pen-Partei zu verhindern.

Der frühere konservative Premier François Fillon bestritt einen erdrutschartigen Sieg der Linken, da die UMP und PS in etwa das gleiche Kräfteverhältnis hätten. Zudem könne man die Front de Gauche (Linksfront) mit ihren extremen Positionen nicht dem Linkslager zurechnen, meinte er im Sender TF1. Das endgültige Abgeordnetenverhältnis wird erst nach der zweiten Wahlrunde in einer Woche feststehen.

Niedrige Wahlbeteiligung

Rund 46 Millionen Franzosen waren aufgerufen, die 577 Sitze der Nationalversammlung, der ersten Parlamentskammer, neu zu bestimmen.Um bereits im ersten Wahlgang gewählt zu werden, brauchen die Kandidaten eine absolute Mehrheit in ihrem Wahlkreis. Dies schaffen jedoch nur die wenigsten. In den anderen Wahlkreisen gibt es am 17.
Juni eine zweite Runde mit all jenen Kandidaten, die mindestens 12,5 Prozent der Stimmen der eingeschrieben Wähler erhielten.

Im Vergleich zur Präsidentenwahl am 6. Mai lag die Wahlbeteiligung am Sonntag deutlich niedriger, mit knapp 60 Prozent jedoch weitgehend auf dem Niveau des ersten Parlamentswahlgangs vor fünf Jahren.

Aus Hollandes Regierungsteam traten in ihren Wahlkreisen neben Premierminister Jean-Marc Ayrault 24 weitere Männer und Frauen an. Ayrault hatte angekündigt, dass Wahlverlierer ihren Platz im Kabinett abgeben müssen.

(dpa/AFP)
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