Irans neuer Präsident Ruhani Hoffnungsträger oder "Wolf im Schafspelz"?

Tel Aviv · An diesem Wochenende wird der neue iranische Präsident Ruhani in sein Amt eingeführt. Da er als gemäßigt gilt, rechnen viele mit einer Entspannung im Atomkonflikt. Einer nicht. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu ist äußerst misstrauisch: Ruhani wolle die Welt nur täuschen, behauptet er.

 Vertrauen und Misstrauen: Irans neu gewählter Präsident Ruhani tritt sein Amt an.

Vertrauen und Misstrauen: Irans neu gewählter Präsident Ruhani tritt sein Amt an.

Foto: dpa, Abedin Taherkenareh

Der Überraschungssieg des als gemäßigt geltenden Klerikers Hassan Ruhani bei der Präsidentenwahl im Iran Mitte Juni hat weltweit Hoffnungen auf eine friedliche Beilegung des Atomkonflikts ausgelöst. Von einem "potenziell positiven Zeichen" sprach das Weiße Haus in Washington. Bundesaußenminister Guido Westerwelle drückte die Hoffnung aus, dass der Iran nun beim Atomprogramm substanzielle Gesprächsbereitschaft zeige. Obama deutete laut "Washington Post" sogar Bereitschaft zu direkten Gesprächen mit Teheran an. Nur einer hält das alles für Wunschdenken: Der rastlose Mahner, Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu.

Der Iran unter Ruhani sei ein "Wolf im Schafspelz", der die internationale Gemeinschaft nur täuschen wolle, während es mit einem "Lächeln weiter an der Bombe baut", warnte Netanjahu. Der iranischen Führung müsse glasklar vor Augen geführt werden, dass ein militärischer Angriff auf die Atomanlagen weiter im Bereich des Möglichen bleibe, forderte der Israeli Mitte Juli in einem Interview mit dem US-Sender CBS News. Und falls die internationale Gemeinschaft doch tatenlos zusehen sollte, wie der Iran auf die Atombombe zusteuere, dann werde Israel handeln: "Ich werde nicht warten, bis es zu spät ist". Wieder die Drohung mit dem militärischen Alleingang Israels.

Den allerdings hält die Iran-Expertin vom Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Tel Aviv, Emily Landau, für eher unwahrscheinlich. "Wenn man sich das bisherige Verhalten Israels und die Aussagen aus Sicherheitskreisen ansieht, dann findet sich nicht sehr viel Unterstützung fürs Losschlagen. Aber Israel hofft sehr, dass die internationale Gemeinschaft etwas unternimmt", sagte Landau der Nachrichtenagentur dpa.

Allerdings teilt sie die Skepsis Netanjahus. "Alle Optimisten müssten die Frage beantworten, aufgrund welcher Fakten sie eigentlich mit einem Kurswechsel (des Irans) rechnen", gab sie zu bedenken. Im Wahlkampf habe sich Ruhani zwar zu internen Fragen wie den Rechten der Frauen moderater als andere geäußert. "Aber der Atomkonflikt ist eine ganz andere Hausnummer. Da ist er kein Gegner, sondern ein Teil des Regimes", warnt die Wissenschaftlerin.

Mit Ruhani werde das Drehbuch seines Vorgängers Mahmud Ahmadinedschad fortgesetzt, die Geschichte werde nur in einem anderen Ton erzählt, meint auch der israelische Iran-Experte Uzi Rabi von der Universität Tel Aviv. "Ich denke, Ruhani wird versuchen, sich als eine ganz neue Kraft darzustellen, aber der Iran wird weiter sein ursprüngliches Ziel verfolgen, eine Nuklearmacht zu werden", sagte Rabi.

Landau hält Atomwaffen gerade in der Hand von Staaten wie dem Iran für besonders brisant. Niemand habe doch Angst vor Frankreich oder Großbritannien wegen deren Atomwaffenbesitzes. Aber der Iran betreibe eine besonders negative Politik, bedrohe seine Nachbarn und wolle Israel auslöschen. "Dabei gibt es gar keine wirklichen Konflikte zwischen beiden Ländern. Die iranische Führung hofft nur, dass sie mit Aggressionen gegen Israel ihren Führungsanspruch in der islamischen Welt untermauern kann", sagt Landau. Und in diesem Kontext sei eine Atombewaffnung des Irans "extrem gefährlich für Israel".

(dpa)
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