Protest gegen Schmähfilm in Beirut Hisbollah-Chef überraschend bei Kundgebung

Beirut · Scheich Hassan Nasrallah, Chef der radikalislamischen Hisbollah, hat sich überraschend in der Öffentlichkeit gezeigt. Vor Zehntausenden Anhängern rief er im Libanon zu weiteren Protesten gegen den islamfeindlichen Film über den Propheten Mohammed auf.

"Dies ist der Beginn einer ernsthaften Bewegung, die zur Verteidigung des Propheten Gottes überall in der muslimischen Welt weitergehen muss", sagte Nasrallah am Montag unter dem Jubel der Menschenmenge im Süden der libanesischen Hauptstadt Beirut. "Solange es Blut in uns gibt, werden wir nicht über Beleidigungen gegen unseren Propheten schweigen."

Nasrallah hat sich seit dem Krieg zwischen der Hisbollah und Israel 2006 aus Angst vor Attentaten nur selten in der Öffentlichkeit gezeigt. Seine Rede bei der Kundgebung am Montag dauerte rund 15 Minuten. Viele seiner Anhänger trugen Kopfbedeckungen in grün und gelb, den Farben der Hisbollah. Darauf war zu lesen: "Euch zu Euren Diensten, Prophet Gottes".

Nasrallah forderte, die USA für den Anti-Islam-Film zur Rechenschaft zu ziehen, da der Film in den USA produziert wurde. Der Film hatte in den vergangenen Tagen zu Angriffen auf westliche Einrichtungen in der muslimischen Welt geführt.

Familie des mutmaßlichen Regisseurs flüchtet

Die Familie des mutmaßlichen Regisseurs des Film verließ über Nacht ihr Haus in Kalifornien. Die Verwandten von Nakoula Basseley Nakoula seien in der Nacht auf Montag (Ortszeit) von Beamten abgeholt und gemeinsam mit Nakoula an einen geheimen Ort gebracht worden, sagte ein Sprecher der Polizei von Los Angeles. Nakoula soll eine Schlüsselfigur hinter dem umstrittenen Film sein.

Einer der Anführer der Proteste in Tunesien floh unterdessen aus einer umstellten Moschee. Hunderte Sicherheitskräfte hatten das Gotteshaus in Tunis am Montag abgeriegelt, in dem sich Seif Allah Ben Hassine aufhielt. Gemeinsam mit Hunderten Anhängern stürmte Hassine mitten durch die Reihen der Polizei und entkam. Ein Polizei-Vertreter sagte indessen, die Gruppe habe die Absperrung nach Verhandlungen mit den Sicherheitskräften passiert.

Zuvor hatte Hassine gesagt, die Demonstration vor der US-Botschaft, bei der am Wochenende vier Menschen getötet worden waren, hätte friedlich verlaufen sollen. Er gab der Polizei die Schuld an der Gewalt. Ermittler vermuten, Hassine habe Verbindungen zu einer islamistischen Gruppe in Libyen, die hinter dem Sturm auf das US-Konsulat in Bengasi stecken soll. Dabei war am Freitag der US-Botschafter getötet worden.

"Tod für Amerika"

Auch in anderen Ländern gab es am Montag massive Proteste gegen den Mohammed-Film. In Upper Dir im Nordwesten Pakistans setzten Demonstranten einen Presseclub in Brand. Offenbar seien sie über die aus ihrer Sicht unzureichende Berichterstattung über die Proteste erbost gewesen, sagte der Polizeibeamte Mukhtar Ahmad. Bewaffnete hätten zudem ein Regierungsgebäude angezündet und eine Polizeiwache umstellt. Bei einem Schusswechsel vor der Wache seien ein Demonstrant getötet und mehrere weitere verletzt worden, sagte der Polizist Akhtar Hayat.

In der afghanischen Hauptstadt Kabul protestierten Hunderte Menschen vor dem US-Militärstützpunkt Camp Phoenix gegen den in den USA produzierten Film. Sie setzten Container und Reifen in Brand und schleuderten Steine auf die Polizei. Mehr als 20 Beamte seien dabei leicht verletzt worden, sagte General Fahim Kaim.

"Tod für Amerika" und "Tod für jene, die den Film gemacht und unseren Propheten beleidigt haben", skandierte die Menge. Die Polizei habe in die Luft gefeuert, um eine Gruppe von rund 800 Demonstranten davon abzuhalten, vor Regierungsgebäude in der Innenstadt zu ziehen, sagte ein Beamter.

Im Südosten Kabuls versammelten sich rund 50 Demonstranten vor einer Moschee, der Protest blieb nach Polizeiangaben allerdings friedlich. "Menschen auf der ganzen Welt sind wütend", sagte der Demonstrant Mohammad Humajun. "Es liegt in der Verantwortung aller Muslime, zu reagieren, wenn sie Respektlosigkeiten hören." In dem Film wird der Prophet Mohammed als Betrüger, Geisteskranker und Schürzenjäger dargestellt.

Muslimische Geistliche rufen zur Ruhe auf

Mehrere muslimische Geistliche riefen hingegen zur Ruhe auf. "Es liegt in unserer Verantwortung, friedlich zu reagieren und friedlich zu protestieren", sagte Karimullah Sakib. "Verletzt keine Menschen, zerstört kein Eigentum", forderte er von den Demonstranten.

Auch in mehreren indonesischen Städten gingen Menschen auf die Straße. In der Hauptstadt Jakarta schleuderten Demonstranten Steine und Brandsätze auf die US-Botschaft und entzündeten Reifen vor dem Gebäude. Mindestens elf Polizisten seien bei den Zusammenstößen verletzt und ins Krankenhaus gebracht worden, sagte Jakartas Polizeichef Generalmajor Untung Rajad. Vier Demonstranten seien festgenommen und ein weiterer in eine Klinik gebracht worden.

Die Demonstranten forderten ein juristisches Vorgehen gegen die Filmemacher. "Wir werden die Proteste fortsetzen, bis die US-Regierung angemessene rechtliche Schritte gegen sie einleitet", sagte der Sprecher der Front der Verteidiger des Islams, Munarman.

(APD)
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