Zu Gunsten von Amtsinhaber Karsai Hinweise auf massiven Wahlbetrug in Afghanistan

Washington (RPO). Nach der stichprobenartigen Überprüfung verdächtiger Stimmzettel in Afghanistan zeichnet sich Medieninformationen zufolge ab, dass bei den Präsidentschaftswahlen in großem Stil manipuliert wurde. Wie die "Washington Post" am Mittwoch unter Berufung auf ein Geheimpapier der Vereinten Nationen berichtete, beträgt die Differenz zwischen ausgezählten und tatsächlich abgegebenen Stimmen in mehreren Provinzen über 100.000.

Afghanistan: diese Wähler riskieren ihr Leben
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Besonders deutlich seien diese Unterschiede in einigen Provinzen, die von Amtsinhaber Hamid Karsai gewonnen worden seien, berichtete die Zeitung.

Demnach seien in der Südprovinz Helmand 134.804 Stimmen ausgezählt worden, davon 112.873 für Karsai. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen gaben aber nur 38.000 Wahlberechtigte ihre Stimme ab.

In Paktika wurden nach Angaben der unabhängigen Wahlkommission 212.405 Stimmen ausgezählt, davon 193.541 für Karsai, während die UN-Beobachter von nur rund 35.000 abgegebenen Stimmen ausgingen. In der Provinz Kandahar hätten die Wahlhelfer 252.866 Stimmen ausgezählt, von denen 221.436 für Karsai gewesen seien. UN-Schätzungen zufolge hätten aber nur rund 100.000 Wahlberechtigte tatsächlich ihre Stimme abgegeben.

In mehrere anderen Provinzen, die von Karsais Herausforderer und Ex-Außenminister Abdullah Abdullah gewonnen wurden, zeige sich das umgekehrte Bild: Dort sei die Wahlbeteiligung höher gewesen, als es die ausgezählten Stimmen widerspiegelten. So seien in Balch nur 297. 557 Stimmen gezählt worden, während die UNO davon ausgehe, dass 450. 000 Wahlberechtigte votiert haben.

Laut "Washington Post" bestritt UN-Sprecher Dan McNorton nicht die Echtheit der Daten, sprach aber von "unbelegtem Rohmaterial", das mit Vorsicht zu genießen sei. Laut dem Ex-Vizechef der UN-Mission in Afghanistan, Peter Galbraith, lässt sich anhand der Daten jedoch die Glaubwürdigkeit der Wahlen bewerten.

Galbraith war Ende September im Streit mit UN-Missionschef Kai Eide seines Postens enthoben worden. Zuvor hatte er den Betrug bei den Wahlen in Afghanistan am 20. August als "sehr umfangreich" bezeichnet. Der "Washington Post" sagte der US-Diplomat, Eide wolle die Daten nicht den afghanischen Vertretern und den internationalen Beobachtern übergeben.

Der UN-Sondergesandte sei parteiisch für Karsai. Eide steht unter Druck, die Hintergründe der Entlassung Galbraith' zu erklären. Laut dem vorläufigen Ergebnis gewann Amtsinhaber Karsai die Wahl mit 54,6 Prozent der Stimmen; sein schärfster Herausforderer Abdullah Abdullah kam auf knapp 28 Prozent.

(AFP/csr)
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