Ehemalige First Lady veröffentlicht Buch Hillary Clintons erster Schritt ins Weiße Haus

Washington · Am heutigen Dienstag erscheint die Autobiografie der ehemaligen First Lady und Außenministerin – das Buch soll ihr den Weg ins Präsidentenamt ebnen. Unter dem Titel "Hard Choices" ("Schwere Entscheidungen") schildert Clinton, wie die amerikanische Außenpolitik nach den Exzessen George W. Bushs, nach den großen Reden in der Aufbruchszeit Barack Obamas kleinere Brötchen zu backen begann.

 "Hard Choices" heißt das Buch von Hillary Clinton.

"Hard Choices" heißt das Buch von Hillary Clinton.

Foto: afp, dec

Am heutigen Dienstag erscheint die Autobiografie der ehemaligen First Lady und Außenministerin — das Buch soll ihr den Weg ins Präsidentenamt ebnen. Unter dem Titel "Hard Choices" ("Schwere Entscheidungen") schildert Clinton, wie die amerikanische Außenpolitik nach den Exzessen George W. Bushs, nach den großen Reden in der Aufbruchszeit Barack Obamas kleinere Brötchen zu backen begann.

Vielleicht ist es dieses eine Bild aus dem Situation Room, das als Erstes in Erinnerung bleibt aus der Ära der Außenministerin Hillary Clinton. Erschrocken, so wirkt es jedenfalls, fährt sich die Chefin des State Department mit der Hand über den Mund. Das Foto verrät, unter welcher Nervenanspannung die Versammelten stehen, am sichtbarsten die frühere First Lady, während die Navy Seals in Abbottabad das Anwesen Osama Bin Ladens stürmen. Im Lagezentrum des Weißen Hauses, steuert Clinton jetzt ihre eigene Version bei, hätten sie nichts anderes tun können, als auf Nachrichten des Teams vor Ort zu warten. "Ich sah hinüber zum Präsidenten. Er war ruhig. Selten war ich stolzer als an diesem Tag, dass ich an seiner Seite dienen durfte."

Der Blick auf Obama, den Senkrechtstarter, der sie erst im bisweilen haarigen Vorwahlduell der Demokraten besiegte und sie dann im viel beschworenen Team der Rivalen zu seiner Chefdiplomatin kürte, ist kritisch geblieben. Die oben zitierte Passage eher die Ausnahme. Dass die 66-Jährige manche Differenzen mit dem Präsidenten erstmals öffentlich macht, entspringt kühlem Kalkül.

Putin verteile keine Geschenke

Es wäre eine faustdicke Überraschung, würde sie 2016 nicht zum Rennen ums Oval Office antreten. Und eine Kandidatin, die ihr eigenes Profil schärfen möchte, bringt schon mal den einen oder anderen Seitenhieb gegen den Amtsinhaber an, auch wenn es sich um einen Parteifreund handelt. Im Kern läuft es darauf hinaus, sich hier und da abzusetzen von einem Präsidenten, dem seine Kritiker vorwerfen, er führe allzu vorsichtig "von hinten", statt, wie es den USA zustehe, die erste Geige im Weltkonzert zu spielen. Einer Präsidentin Clinton, steht zwischen den Zeilen, könnte niemand nachsagen, ein Weichei zu sein. Blauäugig, naiv wäre sie jedenfalls nicht.

Bei Wladimir Putin etwa, stellt sie heraus, habe sie sich nie falsche Hoffnungen gemacht. "Harte Männer stellen einen vor harte Entscheidungen", sagt sie über den russischen Präsidenten, den sie als dünnhäutigen, empfindlich auf Kritik reagierenden Autokraten charakterisiert. Bereits 2012, schreibt Clinton, habe sie Obama in einem Memorandum nahegelegt, bei einem Treffen mit dem Kremlchef hart zu verhandeln, denn Putin verteile keine Geschenke. Kurz bevor sie das State Department verließ, warnte sie vor "schwierigen Tagen", auf die Washington im Verhältnis zu Moskau zusteuere. "Nicht jeder im Weißen Haus hat meine relativ harte Analyse geteilt", fasst sie zusammen, allerdings, ohne Ross und Reiter zu nennen.

Oder Syrien. Als die Administration über Antworten auf den Bürgerkrieg diskutierte, habe sie die Meinung vertreten, dass eine wirkungsvolle Abstimmung mit nahöstlichen Partnern durchaus möglich sei, sobald Amerika beginne, die Moderaten unter den syrischen Rebellen zu bewaffnen und auszubilden. Im Oval Office indes habe man gezögert, diesen Schritt zu gehen. "Niemand mag es, wenn er eine Debatte verliert, mich eingeschlossen. Aber das war die Entscheidung des Präsidenten, und seine Überlegungen habe ich akzeptiert."

Schonungslos selbstkritisch

Als sich die Protestwelle des Arabischen Frühlings von Tunis nach Kairo fortpflanzte und der Stuhl Hosni Mubaraks, eines alten Verbündeten der USA, zu wackeln begann, war es wiederum Clinton, die zu den Skeptikern zählte. Folgt man ihrer Darstellung, warnte sie intern davor, sich zu eindeutig auf die Seite der Demonstranten auf dem Tahrir-Platz zu stellen. Einige von Obamas Beratern hätten sich mitreißen lassen vom Drama, vom Idealismus des Augenblicks. Sie hingegen habe gemahnt, dass das Land am Nil im Falle des Sturzes Mubaraks vielleicht in 25 Jahren zu einer Erfolgsgeschichte werde, die Phase bis dahin aber ziemlich wacklig zu werden drohe, "für das ägyptische Volk, für die Region und für uns".

Dann ist da noch das Kapitel Irak, ein Kapitel, das 2008 wesentlich dazu beitrug, dass der Außenseiter Obama die Favoritin Clinton vom Kandidatenthron stürzen konnte. Er punktete damit, dass er einst auf einer Kundgebung in Chicago von einem "dummen Krieg" sprach, bevor George W. Bush den Marschbefehl gab. Sie dagegen stimmte etwa zur gleichen Zeit - im Herbst 2002 - im Senat dafür, Bush grünes Licht für eine Truppenentsendung zu geben.

Viele Senatoren wünschten sich im Nachhinein, sie hätten anders votiert, notiert Clinton. "Ich war eine von ihnen. Als sich der Krieg in die Länge zog, mit jedem Brief, den ich einer Familie in New York (ihrem Bundessstaat) schrieb, die einen Sohn oder eine Tochter verloren hatte, wurde mein Fehler schmerzlicher." Es ist nicht das erste Mal, dass sie von einem Fehler spricht. So schonungslos selbstkritisch wie jetzt war sie in ihrer Wortwahl indes noch nie.

(RP)
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